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Heute möchte ich euch eine ganz besondere Geschichte aus meinem Leben erzählen, die ich wohl nie vergessen werde. Dazu müssen wir etwas zurückblättern, nämlich in das Jahr 2000. Mein zweites Jahr in Europa, ich war gerade 16 und fuhr in der Italienischen Formel Renault 2.0. Damals verbrachte ich viel Zeit mit meinem Landsmann und damaligen Teamkollegen Felipe Massa. Wir reden heute noch über die folgende Geschichte und müssen immer wieder darüber lachen. Damals fand ich das allerdings nicht so lustig...

Es war irgendwann im Sommer, Felipe holte mich vom Flughafen ab, nachdem ich gerade von einem Rennwochenende nach Italien zurückgekehrt war. Wir hatten uns damals zusammen ein Auto gekauft. Nicht das neueste Modell und schon 150.000 Kilometer auf dem Tacho. Aber wir waren so stolz - unser eigenes Auto! Felipe fuhr damals immer ohne Schuhe und auch diesmal hatte er sie sich ausgezogen. Ich beugte mich während der Fahrt vor und wollte auch gerade meine Schuhe ausziehen, als wir an einem Polizeiauto vorbeifuhren.

So sah Augusto Farfus (rechts) im Jahr 2001 aus, Foto: Sutton
So sah Augusto Farfus (rechts) im Jahr 2001 aus, Foto: Sutton

Aus irgendeinem Grund starrte ich dabei voll in Richtung der Polizisten. Felipe sagte noch: "Augusto, schau da nicht so hin!" Aber da war es schon passiert: Blaulichter an, das Polizeiauto überholte uns und forderte uns auf, mitten auf der Autobahn anzuhalten. "Ich hab's dir doch gesagt! Die halten uns an!", raunte Felipe auf dem Fahrersitz. Ich hatte das erst gar nicht verstanden, aber Felipe hatte Angst, dass er eine Strafe kassieren würde, weil er ja barfuß fuhr.

Felipe hatte das Auto gerade am Straßenrand abgestellt, da kamen die Polizisten schon mit gezogenen Pistolen auf uns zugestürmt! "Hände hoch, raus aus dem Wagen", schrien sie uns laut entgegen. Ich sagte zu Felipe: "Mach das, die erschießen uns sonst!" Es war wie in einem Film, wo es ja auch immer einen guten und einen bösen Cop gibt. Der Gute kümmerte sich in unserem Fall um Felipe - der Böse sich leider um mich...

Ganz oben auf dem Podest: Farfus 2001 in der Formel Renault, Foto: Sutton
Ganz oben auf dem Podest: Farfus 2001 in der Formel Renault, Foto: Sutton

"Hände auf die Motorhaube! Zieh dein Shirt aus!", brüllte er mich an. Dann drückte er mir plötzlich seine Pistole in den Rücken und sagte: "Wenn du dich bewegst, erschieße ich dich!" In diesem Moment wurde mir zum ersten Mal bewusst, wie viel Macht so eine Waffe ausüben kann - vor allem, wenn sie direkt auf dich gerichtet ist.

"Bleib ruhig, bleib ruhig", versuchte ich auf den Polizisten einzureden. Das war dem aber egal, und er machte weiter: "Zieh deine Schuhe aus! Die Socken auch! Und die Hose!" Offenbar hatte er das Gefühl, dass Felipe und ich etwas im Schilde führten, weil wir keine Italiener waren und die Sprache noch nicht so gut beherrschten. Während ich also halbnackt mitten auf der Autobahn stand, lief es für Felipe mit seinem 'guten' Cop besser: Er hatte dem Polizisten sämtliche Papiere gezeigt, die er im Portemonnaie bei sich hatte. Und während ich Todesängste hatte, erzählte Felipe dem Polizisten in Ruhe seine halbe Lebensgeschichte...

Ein paar Jahre her... Felipe Massa in der Saison 2000, Foto: Sutton
Ein paar Jahre her... Felipe Massa in der Saison 2000, Foto: Sutton

Das hatte den Polizisten offenbar davon überzeugt, dass wir Rennfahrer und keine Drogenkuriere oder Ähnliches waren. "Ist okay, lass ihn gehen", redete der Cop auf seinen Kollegen ein, der mit mir beschäftigt war. Leider war dem das ziemlich egal. "Nein! Ich bin sicher, dass er was dabei hat!", war dessen Antwort, als er Handschuhe aus dem Auto holte und mich gründlich filzte. Nach rund drei Minuten - glaube ich, denn ich hatte mein Zeitgefühl völlig verloren - war er fertig. "Okay, alles gut", sagte er nur, stieg mit seinem Kollegen ins Auto und fuhr einfach weg. Keine Entschuldigung, nichts!

Und ich stand da. Mitten auf der Autobahn, nur in Unterhose und total unter Schock. Felipe und ich sind wieder in unser Auto gestiegen und haben erst mal zehn Minuten lang kein Wort gesagt. Wir waren völlig geschockt! Irgendwann mussten wir dann schon über diese Geschichte lachen - aber das dauerte eine Weile. Ein echter Alptraum und das erste und hoffentlich letzte Mal, dass ich eine Pistole im Nacken hatte...

Até a próxima