Welch ein Desaster: Mercedes-Benz hat beim großen Auftaktwochenende der diesjährigen deutschen Tourenwagen-Meisterschaft DTM auf dem Hockenheimring eine geradezu denkwürdige Pleite hinnehmen müssen. Probleme en masse, mehrere Zehntel Rückstand auf die Markenrivalen, kein einziger Zähler. Noch schlimmer ist aber, dass für das kommende Rennwochenende in der Magdeburger Börde kaum Besserung in Sicht ist. Die Zeitspanne zwischen den beiden Veranstaltungen dürfte zu kurz sein, um erhebliche Verbesserungen vornehmen zu können. Droht den Mannen mit dem Stern die nächste Nullnummer? Oder gelingt vielleicht doch eine erste Steigerung?

Das Team: In der Führungsetage der Silbernen gab es nur wenige Tage nach dem Debakel in Hockenheim eine überraschende, gewichtige Entlassung: HWA-Vorstandsoberhaupt Gerhard Ungar musste nach mehr als zwei Dekaden seinen Hut nehmen. Obgleich die Beteiligten für die Trennung keinerlei Gründe nannten, ist davon auszugehen, dass schlicht und ergreifend die andauernde Erfolglosigkeit das Band zwischen dem schwäbischen Hersteller und dessen langjährigem DTM-Frontmann trennte. So schnitt Mercedes-Benz nicht nur beim diesjährigen Aufgalopp schlecht ab, schon in den vergangenen beiden Jahren belegte man jeweils den letzten Platz in der nicht gerade bedeutungslosen Markenwertung.

Eine Nachbesetzung der Position erfolge nach einer umfangreichen Analyse der augenblicklichen Situation, hieß es in einem Kommuniqué an die Presse. Bis auf Weiteres sind die Aufgaben Ungars daher an das HWA-Vorstandsmitglied Ulrich Fritz übertragen worden. Fritz war im Dezember 2013 für Arbeiten im kaufmännischen Bereich des DTM-Rennstalls abgestellt worden, nun übernimmt er erst einmal die gesamte Führung. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger, seines Zeichens Technischer Leiter bei HWA, besitzt der neue Mann keine nennenswerten Erfahrungen im Bereich des Motoren- respektive Fahrzeugbaus. Welche Namen die Kandidatenliste des Sportchefs Toto Wolff führt, ist unklar.

Mercedes-Jungtalent Pascal Wehrlein, Foto: Mercedes-Benz
Mercedes-Jungtalent Pascal Wehrlein, Foto: Mercedes-Benz

Die Fahrer: Natürlich herrscht auch bei den Piloten zurzeit eine entsprechende Stimmung. Noch am besten weg kam in "Hoggene" Jungspund Pascal Wehrlein, jedoch landete auch er als Elfter außerhalb der Punkteränge. Es werde ein langer, schwieriger Weg, so der 19-Jährige. Hinter ihm kam im ersten Saisonrennen Altmeister Gary Paffett zu liegen. Der McLaren-Testfahrer ist derjenige Schützling, der für Mercedes-Benz im Vorjahr in Oschersleben mit Endposition sechs am zügigsten unterwegs war. Aufgrund dessen dürften die Hoffnungen der Sternenkrieger besonders auf dem jüngsten und auf dem ältesten Kutscher ruhen; die beiden befinden sich rein fahrerisch in einer grundsoliden Form.

Das Auto: Wieso, weshalb, warum das sogenannte DTM AMG Mercedes C-Coupé anno 2014 den Konkurrenzfabrikaten auf dem früheren Kurpfalzring derart unterlegen war, kann offenbar nicht an einem einzigen Punkt festgemacht werden. Bei den Stuttgartern erklärt man sich das fehlende Tempo durch ein schwaches Zusammenspiel vieler verschiedener Komponenten; Details möchte man hierzu allerdings keine preisgeben. Glaubt man den Aussagen einiger Fahrer, ist den Ingenieuren aber sehr wohl bewusst, wo sie nachbessern müssen. Ob die aerodynamisch anspruchsvolle Oscherslebener Motorsportarena den Benz-Boliden etwas besser oder gar noch schlechter liegt als Hockenheim, bleibt abzuwarten.

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Die Entscheidung seitens der Verantwortlichen, Gerhard Ungar zu verabschieden, ist womöglich keine falsche, jedoch stellt sich die Frage: Warum ist man diesen Schritt nicht schon im Winter gegangen? Mercedes-Benz mangelt es nicht erst seit gestern an Erfolg. So erscheint die Entlassung etwas seltsam: Nach nur einem Saisonlauf ohne Zählbares schmeißt man gleich eine gewichtige Personalie über Bord, und zwar ohne bereits einen fähigen Nachfolger gefunden zu haben. Noch dazu ist Ungar ein Urgestein der Schwaben, gut 27 Jahre war er nun bei AMG und HWA beschäftigt. Eines ist wohl klar: Bei den Rekordmeistern der DTM brodelt es dieser Tage ganz gewaltig.