In Hockenheim wurde eine neue Ära der DTM eingeläutet. Zum ersten Mal seit einigen Jahren stand nur noch ein Pflichtboxenstopp auf dem Programm. Zudem durfte mit den im letzten Jahr eingeführten weichen Options-Reifen nur noch die Hälfte der Renndistanz gefahren werden. Die Folge: Spannende Kämpfe auf der Strecke, Überholmanöver, ein klar geordnetes Feld und keine blauen Flaggen für Nachzügler mehr. Doch funktioniert das, was in Hockenheim so gut geklappt hat, auch bei den kommenden Rennen?

Klar ist: Mit dem weichen Reifen konnte man in Hockenheim rund zwei Sekunden schneller fahren als die Konkurrenz auf der härteren Reifenmischung. Diese Tatsache reichte beim Auftaktrennen aus, um das Feld zumindest zeitweise bunt durcheinander zu würfeln - schließlich setzten beim Start nur acht der 23 Akteure auf den schnelleren Reifen. Besonders beliebt war er in den ersten vier Startreihen - kein Wunder: "Wer vorne steht, versucht ich mit den Options-Reifen einen Vorsprung herauszufahren und diesen am Rennende zu verteidigen", analysiert Dieter Gass, Leiter DTM bei Audi.

Audi versuchte genau diese Taktik mit Pole-Mann Adrien Tambay. "Selbst mit einem durchschnittlichen Start kann man mit den weichen Reifen die Platzierung halten", resümierte der Audi-Pilot. Bei ihm klappte zumindest das, allerdings konnte er das Tempo von Rennsieger Marco Wittmann nicht mitgehen und musste sich kurz vor Schluss gegen Mattias Ekström geschlagen geben, der erst im zweiten Stint auf die Options-Reifen setzte. Der Nachteil bei dieser Strategie: "So bringt man sich automatisch in einen Rückstand und muss auf der Strecke überholen, was immer Zeit kosten wird", erläutert Gass.

Bloß nicht zu früh freuen

Robert Wickens' Aufholjagd verpuffte im Nichts, Foto: DTM
Robert Wickens' Aufholjagd verpuffte im Nichts, Foto: DTM

Abgesehen von Wittmann, der den Sieg souverän nach Hause fuhr, kann man aber wohl keinem Fahrer die absolut perfekte Strategie attestieren. "Man will immer die Hälfte des Rennens mit den Options-Reifen fahren", sagt DTM-Champion Mike Rockenfeller im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Es ist immer entscheidend, was um einen herum ist. Es ist ein Glücksspiel."

Das Rennen in Hockenheim hat gezeigt: Selbst wenn man zur Rennhalbzeit wie der sichere Sieger dieses Glücksspiels aussieht, kann man im Ziel der große Verlierer sein. Ein treffendes Beispiel ist Robert Wickens, der im unterlegenen Mercedes zunächst von Startplatz 21 auf den sechsten Rang nach vorne fuhr, am Ende aber doch nicht mit Punkten belohnt wurde und abgeschlagen auf der 18. Position ins Ziel kam.

"Die erste Rennhälfte hat richtig Spaß gemacht, das war tolles Racing. Aber ich wusste, dass ich einige Fahrer wiedersehen werde, die ich zuvor überholt habe", berichtet Wickens über seine anfängliche Aufholjagd auf den weichen Pneus. "Mortara habe ich fünf Runden vor meinem Boxenstopp überholt und mir war klar, dass ich ihn wieder passieren lassen werde. Trotzdem war die Hoffnung da, so irgendwie in die Top-10 zu kommen. Dann war ich aber schon nach wenigen Runden auf den Standard-Reifen aus den Punkten raus und das Rennen war gelaufen."

Auch wenn die Fahrer und Teams in Sachen Strategie weniger Möglichkeiten haben als in den Jahren zuvor, wird die Thematik Reifenwahl in den kommenden Rennen weiter von Bedeutung bleiben. Doch fällt der Zeitvorteil auch auf den anderen Strecken so groß aus wie in Hockenheim und reicht das auch in Oschersleben oder auf dem Hungaroring zum Überholen? Diese Frage lässt sich aktuell noch nicht beantwortet, wie auch Gary Paffett festhält: "Wir müssen abwarten, wie es auf den anderen Strecken läuft." Daher gibt es für die anstehenden Rennwochenenden nur eine sichere Strategie: Im Qualifying möglichst weit vorne landen - denn nur dann hat man das Rennen in der eigenen Hand.