Nach dem katastrophalen Qualifying herrschte im Mercedes-Lager noch die leise Hoffnung vor, dass es im Rennen besser laufen würde, doch nach dem Fallen der Zielflagge gab es die traurige Gewissheit: Die Stuttgarter blieben bei ihrem Heimspiel ohne einen einzigen Punkt. Am besten zog sich noch Pascal Wehrlein aus der Affäre, der den elften Rang verbuchte.

"Ich würde gerne noch einmal fahren und versuchen, die Position zu verbessern. Möglichkeiten gibt es immer, aber im heutigen Rennen hatten wir keine Chance, weiter nach vorne zu kommen", sagte der 19-Jährige. "Man hofft immer auf Punkte, aber Platz elf war heute einfach das Maximum. Das war keine Schadensbegrenzung, aber wir haben gesehen, dass wir im Rennen besser als im Qualifying fahren. Die Saison dauert jedoch noch neun Rennen - wir können nicht sagen, dass sie schon vorbei ist."

Vietoris spricht Klartext

Unmittelbar hinter Wehrlein kam Gary Paffett ins Ziel, dessen Laune auch ganz dem schwachen Ergebnis angepasst war. "Wir waren im Winter schnell, aber wussten nicht, wie gut wir waren. Das haben wir erst im Training am Samstag gesehen. Alles danach war keine Überraschung", erklärte der erfahrene Brite, der auf den weicheren Option-Reifen einfach nicht auf Touren kam. "Die Performance ist das Hauptproblem, das zeigt sich mit den Options noch stärker", hielt er fest. "Es muss sich die generelle Performance verbessern."

Auch Christian Vietoris hatte sich den Start in die neue Saison ganz anders vorgestellt. "Punkte waren das Ziel, das haben wir nicht geschafft. Man kann Klartext sprechen, wir sind zu langsam, sowohl im Qualifying als auch im Rennen", nahm sich der Gönnersdorfer gegenüber Motorsport-Magazin.com kein Blatt vor den Mund. Vietoris startete auf den Option-Reifen und drang daher kurzfristig sogar bis in die Punkteränge vor, doch sobald er die Standard-Pneus aufzog, war er chancenlos und fiel letztlich bis auf den 15. Platz zurück.

Noch schlechter erging es Robert Wickens - für den Kandier schaute nicht mehr als Rang 18 heraus. "Das war kein gutes Wochenende", erkannte er im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Wir wussten zwar, dass es nicht einfach werden würde, aber dass es so hart wird, haben wir nicht gedacht." Wie Vietoris klagte auch der Kanadier über den mangelnden Grip mit den Standard-Reifen. "Das Rennen fühlte sich am Ende ewig an", meinte er traurig.

Keine rasche Lösung

In der Führungsriege von Mercedes betreibt man derweil Ursachenforschung, wie es zum Debakel kommen konnte. "Wir werden jeden Stein umdrehen, um zu erfahren, woran es gelegen ist", versicherte Wolfgang Schattling, Leiter DTM-Management. "Es ist nie ein singuläres Problem, sondern es ist immer eine Summe von Kleinigkeiten, die sich zu etwas größerem addieren."

Wehrlein wurde als bester Mercedes-Pilot Elfter, Foto: Speedpictures
Wehrlein wurde als bester Mercedes-Pilot Elfter, Foto: Speedpictures

Mit einer raschen Lösung der Probleme ist allerdings nicht zu rechnen, wie auch Schattling eingestehen musste. "Wichtig ist, einen signifikanten Schritt zu machen, damit man sieht, dass wir in die richtige Richtung arbeiten", betonte er. In Oschersleben, wo die DTM in zwei Wochen gastiert, seien aber noch keine Wunderdinge zu erwarten.

Mercedes wurde von der schwachen Leistung völlig überrumpelt, denn bei den Testfährten seien diese Schwierigkeiten noch nicht absehbar gewesen. "Dass es so krass werden würde, haben wir nicht erwartet, das ist schon eine Enttäuschung", gab Schattling unumwunden zu, der aber verneinte, dass das Abschneiden eine Konsequenz des Vorjahres sei, als Mercedes ebenfalls zumeist nur hinterherfuhr. "Wir haben ein neues Auto auf die Beine gestellt, das sicherlich gut von der Basis ist, aber wir müssen herausfinden, warum wir nicht dort sind, wo wir sein wollen."

Zusatzgewichte machen keine Hoffnung

In Oschersleben kommen erstmals die wiedereingeführten Zusatzgewichte zum Einsatz, doch angesichts des großen Rückstands von Mercedes dürften sie nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein sein. "10 kg weniger werden helfen, aber das wird nicht genug sein", meinte Paffett, der gar nicht erst in der Situation sein möchte, auf den zusätzlichen Ballast der Gegnerschaft angewiesen zu sein.

"Da wird sich am Kräfteverhältnis nicht viel tun. So schnell kann man das Auto nicht umkrempeln, wenn man den ganzen Winter Zeit gehabt hat, geht das nicht in zwei Wochen", hält sich auch bei Vietoris die Hoffnung auf baldige Besserung in Grenzen. Mehr als zwei Zehntel Zeitgewinn sei durch das verringerte Gewicht gegenüber der Konkurrenz nicht zu erreichen. Hinzu kommt, dass Oschersleben eine enorm kurvige Strecke ist und Mercedes in Hockenheim in den kurvigen Passagen besonders schlecht aussah.

Trotz der tristen Lage ortete Schattling jedoch auch einen Silberstreif am Horizont. "Der Lichtblick ist, dass wir die beste Fahrertruppe haben, die man sich vorstellen kann - das sind super Talente", fand er für seine sieben Piloten kollektiv lobende Worte. "Alle haben gekämpft wie die Löwen, aber wenn man eine stumpfe Waffe hat, kann man nicht zeigen, was man kann. Aber wir haben eine erfahrene Techniktruppe um Gerhard Unger und werden uns am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen."