Derzeit herrscht die große Star-Diskussion in der DTM. Einen Mike Rockenfeller kenne heute niemand mehr trotz seines Titelgewinns, heißt es. Früher habe es wesentlich mehr Stars unter den Fahrern gegeben. Wie sehen Sie das?
Klaus Ludwig: Stars sind die, die alles gewinnen. Von denen gibt es aber nur sehr wenige. Rockenfeller hat die 24 Stunden von Le Mans und die DTM-Meisterschaft gewonnen. Man sollte diese Diskussion nicht an Rocky festmachen, er ist ein super Typ und ein toller Rennfahrer. Zu meiner aktiven Zeit war es auch etwas anders, da gab es noch gar nicht so viele verschiedene Sportarten, die immer wieder neue Stars hervorgebracht haben. Ich denke sowieso, dass diese ganze Star-Debatte in der DTM momentan ein wenig übertrieben wird. Man sucht vielmehr händeringend Schuldige für den nicht gerade massiven Zuspruch der Zuschauer. Das ist auch gar nicht so einfach, denn die DTM-Fans sind seit jeher wie eine große Familie und es ist schwierig, diese Klientel zu vergrößern.

Also fehlen der DTM Ihrer Ansicht nach die Stars gar nicht?
Klaus Ludwig: Man muss Fahrer wie Rockenfeller zu Stars aufbauen. Außerdem sollte es wieder mehr verschiedene Rennsieger geben. In der abgelaufenen Saison herrschte zwar etwas Abwechslung an der Spitze, doch auch dieser Kreis war überschaubar. Dabei gibt es so viele talentierte Jungs in der DTM. Schauen Sie sich beispielsweise Roberto Merhi an, der in Hockenheim vom letzten auf den zweiten Platz fuhr und das Rennen ohne die Durchfahrtsstrafe sogar gewonnen hätte - davor hieß es noch, dass der nach der Saison weg muss...

Haben die DTM-Piloten heutzutage vielleicht zu wenig Profil?
Klaus Ludwig: Wie erreicht man eine Profilschärfung? Durch Siege - und wenn man viele Helden möchte, müssen eben verschiedene Fahrer gewinnen. Ein Bruno Spengler ist doch super, der sieht besser aus als wir früher alle zusammen. Es gibt viele tolle Jungs in der DTM, die muss man siegen sehen und sie dann entsprechend in den Mittelpunkt stellen. Die Amerikaner machen es mit der NASCAR doch vor, wie so etwas funktionieren kann. Ich bin aber überzeugt, dass die DTM eine sehr große Chance hat, auch Helden hervorzubringen.

Foto: Sutton
Foto: Sutton

Woran könnte es noch liegen, dass DTM-Fahrer nicht so bekannt sind wie etwa Formel-1-Piloten?
Klaus Ludwig: Das Geld spielt natürlich auch eine Rolle. In anderen Sportarten wird viel mehr über das Gehalt gesprochen. Helden verdienen nun einmal viel Geld, aber wie ist es in der DTM? Ein paar wenige Fahrer werden sicherlich gut bezahlt, aber was die meisten jungen Fahrer verdienen, bekommt ein Vettel doch - überspitzt ausgedrückt - pro Tag. Damals hat man es in der DTM auch immer wieder am Geld-Faktor festgemacht und es hieß, dass die Spitzen-Piloten einen Haufen Geld verdienen und deshalb auch Top-Leistungen bringen sollen.

Immer wieder werden bekannte Namen ins Spiel gebracht, die die DTM spektakulärer machen sollen - Montoya, Barrichello und Co. Wäre das Ihrer Meinung nach der richtige Weg?
Klaus Ludwig: Das gab es doch schon früher in der DTM mit Häkkinen, Alesi, Frentzen, Coulthard und Co. Ralf Schumacher war ein Volksheld, hat in der Formel 1 Rennen gewonnen und war sehr bekannt - aber die meisten dieser Fahrer haben es in der DTM nicht gebracht. Eine Sensation wäre es heutzutage nur noch, wenn Michael Schumacher oder Sebastian Vettel in die DTM einsteigen würden - aber das werden die beiden mit Sicherheit nicht machen.

Wie kann die DTM stattdessen wieder für mehr Spektakel sorgen?
Klaus Ludwig: Die aktuellen DTM-Autos sind meiner Meinung nach nicht spektakulär genug. Die DTM ist zu einem Denksport für Ingenieure geworden, darin liegt vielleicht die Krux. Die Autos fahren doch wie auf Schienen. Stattdessen sollten sie wieder 150 PS mehr unter die Haube und weniger Aerodynamik haben.

Sind die DTM-Boliden für den Zuschauer zu kompliziert?
Klaus Ludwig: Die DTM-Autos sind irrwitzig kompliziert mit all der Technik und den Dämpfersystemen. Heute müssen die Autos so tief wie möglich auf dem Asphalt liegen, um möglichst hohen Abtrieb zu erzeugen - das sollte sofort abgeschafft werden. Wir wollen doch wieder richtigen Tourenwagensport sehen: Autos, die einen halben Meter über die Kerbs fliegen und quer aus den Ecken herausfahren! Dann hätten wir wieder tollen Rennsport und die Leute wären begeistert. Das ist es doch, was die Fans sehen wollen. Autos, die wie auf Schienen fahren, sind schwer begreifbar für die Zuschauer. Dieses Konzept sollte dringend überdacht werden.