Mike Rockenfeller konnte ein paar Tränen nicht verdrücken, als er nach 44, mit dem Safety Car zuletzt turbulenten, Runden über die Ziellinie kam und wusste, dass er zum ersten Mal in seiner sieben Jahre dauernden DTM-Karriere Meister ist. "Ich muss sagen, dass ich es noch nicht richtig glauben kann", gestand er vor der Siegerehrung. "In dem Moment ist viel Last von meinen Schultern gefallen. Da kommt etwas die Anfangszeit hoch, wie lange es gedauert hat, wie lange ich kämpfen musste, um die Chance zu bekommen."

Das Rennen hatte für Rockenfeller aufwühlend begonnen, denn nach dem Start wurde eine Untersuchung gegen ihn eingeleitet. "Ich wusste gar nicht, worum es geht", gestand Rockenfeller. Stein des Anstoßes war der flotte Start des Audi-Piloten. Die Rennleitung untersuchte mit Hilfe verschiedener Kameraperspektiven, ob es sich dabei um einen Frühstart handelte. Rockenfellers schnelle Reaktion fiel vor allem deshalb ins Auge, weil Polesetter Marco Wittmann nur schlecht vom Fleck kam.

"Die anderen haben wohl nur spät reagiert und meine Reaktion war gut", schilderte Rockenfeller seine Sicht, nachdem er erfahren hatte, was ihm vorgeworfen wurde. "Ich war schockiert, als niemand gestartet ist und ich schon fuhr. Dann habe ich gelupft, an Wittmann kam ich nicht vorbei." Sein Start sei also an sich eigentlich nicht so gut gewesen, da er Wittmann erst auf der ersten Runde überholen konnte. Die Rennleitung gab Audi schließlich Entwarnung: kein Fehlstart. "Die Strafe hätte ich nicht gebrauchen können", meinte Rockenfeller.

"Ich wusste, dass ich Zweiter werden muss, da Farfus gewinnt. Timo hat mir geholfen, als ich an ihm vorbeigelassen wurde", berichtete er. Rockenfeller erklärte, dass er noch länger auf den Optionreifen, auf denen er das Rennen aufnahm, hätte fahren können. Sie hielten an seinem Boliden deutlich besser als an dem von Farfus, der merklich zu rutschen begann und vor ihm stoppen musste. Rockenfellers Crew ging jedoch kein Risiko ein, und holte ihn kurz darauf ebenfalls an die Box.

Konstanz als Schlüssel

Auf den härteren Standardreifen lief es dann jedoch nicht mehr rund. "Ich habe etwas Zeit in der ersten Runde verloren, er kam dann etwas weg. Ich habe gesehen, dass ich wieder rankomme. Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass ich so schlecht auf den Standardreifen bin und dachte, dass ich um den Sieg kämpfen kann", meinte Rockenfeller. Doch dass Farfus gewann, war für Rockenfeller kein Problem, da ihm ein zweiter Platz zum vorzeitigen Titelgewinn reichte.

Den Grundstein freilich legte er viel früher. "Der Schlüssel war die Konstanz, man muss immer punkten. Es gab zwei Schlüsselmomente: die Rennen auf dem Norisring und dem Nürburgring waren wichtig, als wir nicht die beste Position hatten nach dem Start und dann die richtigen Entscheidungen getroffen haben", unterstrich Rockenfeller. "Wir hatten Glück, aber das braucht man auch mal. Der Winter war hart nach der guten Leistung von BMW im Vorjahr. Ich wusste, dass ich gute Chancen habe, wenn ich immer punkte und unter die Top-5 komme." Auch wenn er letzteres Ziel beim Saisonauftakt in Hockenheim verpasste, hat er die erste Vorgabe erfüllt. Er ist der einzige Fahrer, der in der Saison 2013 bei jedem Rennen punktete.

In Zandvoort krönte er seine konstant starken Leistungen mit dem Titelgewinn, der nun gebührend gefeiert werden soll. "Vielleicht machen wir drei Wochen Party", scherzte er. "Wir müssen mal schauen, was wir heute Abend noch starten können. Hoffentlich bleiben viele Leute da. Wir werden die Nacht genießen, danach geht das Leben weiter mit Hockenheim. Ich werde erst in einigen Wochen realisieren, was wir wirklich erreicht haben." Noch vermochte Rockenfeller seinen Erfolg nicht recht in seine Karriere einzuordnen. "Jeder Erfolg in der Karriere ist ein Highlight. Schon beim Kartfahren bin ich nur durch Erfolg in den Formelsport gekommen", argumentierte er. "Aber die DTM ist die härteste Serie, ich bin seit einigen Jahren dabei. Le Mans ist klasse, DTM aber auch. Es ist schwer, sich für einen Erfolg zu entscheiden."