In der DTM geht es stets eng zu, doch damit hatte wohl niemand gerechnet: Mercedes dominierte das Qualifying am Lausitzring nach Belieben und stellte Audi und BMW klar in den Schatten. Mit Christian Vietoris und Gary Paffett belegen gleich zwei Mercedes-Piloten die erste Startreihe, Robert Wickens schaffte es ebenfalls ins Top-4-Shootout. Und das, obwohl selbst Mercedes nach dem völlig verkorksten Samstag in Spielberg eingestanden hatte, dass das Qualifying die große Schwäche ist. Am Red Bull Ring war Wickens bester C-Coupé-Pilot auf Startplatz sieben.

In nur zwei Wochen hat es Mercedes offenbar geschafft, eine komplette Kehrtwende zu vollziehen und das Auto mit dem Stern zum Qualifying-Favoriten umzumodeln. Wie dem Team dieses Kunststück gelungen ist, wird natürlich nicht verraten. Traditionell sprechen die Hersteller kaum über ihre Setup-Einstellungen, sondern hüllen sich lieber in Schweigen. Der Grund ist klar: In der DTM sind die Möglichkeiten, Änderungen am Auto vorzunehmen, extrem beschränkt. Reifenluftdruck und Änderungen am Fahrwerk sind die Hauptbestandteile der Setup-Arbeit.

Nun muss man sich schon die Frage stellen, wie Mercedes trotz der geringen Möglichkeiten plötzlich so auftrumpfen konnte. Motorsport-Magazin.com hakte im Lager der Stuttgarter nach. Klar: Eine Setup-Anleitung gab es nicht, wohl aber ein paar dezente Hinweise. So etwa von Vietoris, der im 24. Anlauf zu seiner ersten DTM-Pole fuhr. "Das ist unser normales Setup, das wir bislang auf jeder Strecke benutzt haben", meinte der 25-Jährige. Damit wollte er Spekulationen einen Riegel vorschieben, wonach Mercedes nach den vergangenen Problemen das Setup der Autos stark in Richtung Qualifying ausrichtete.

Das wird wohl kaum der Fall gewesen sein, denn seit der Einführung der Option-Reifen sowie dem verstellbaren Heckflügel hat die Startposition im Rennen merklich an Relevanz verloren. Sollte Mercedes am Sonntag jedoch völlig ins Hintertreffen geraten, wäre dies zumindest ein Erklärungsansatz. Vielmehr dürfte jedoch zu erwarten sein, dass die Stuttgarter beim vierten Rennen der Saison weiter oben mitmischen, denn die Renn-Pace des C-Coupés seit der Einführung 2012 war fast durchweg äußerst konkurrenzfähig.

Wolfgang Schattling, der Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff erstmals bei der DTM vertritt, räumte ein, dass Mercedes beim Saisonauftakt wohl nicht das Optimale aus dem Auto herausgeholt hat. "Die DTM ist kein Kindergeburtstag. Man kann auch mal drei Rennen daneben liegen", so der Leiter des Mercedes-DTM-Managements. Anscheinend hat Mercedes nun den Schlüssel gefunden, was noch dadurch verstärkt wird, dass BMW beim Setup diesmal völlig daneben lag. Timo Glock beschwerte sich schon im Training am Samstagmorgen über die Bodenwellen und später gab BMW-Chef Jens Marquardt zu, dass sich die Münchner mit den Einstellungen verzettelt hätten.

Paffett wollte ebenfalls keine Details herausrücken, schien von der Pace seines Autos aber einigermaßen überrascht. "Es ist unglaublich, wie viel Speed man hier in den Kurven geben kann. Das Auto ist jetzt ganz anders, das sieht man auch in den Zeitenlisten", sagte der Brite, der schon zweimal in der Lausitz gewann. Schattling sprach davon, dass die zahlreich gesammelten Daten und die erfolgreiche Vergangenheit von Mercedes am Lausitzring hilfreich gewesen seien, und dass das Team wohl den kleinen Tick gefunden habe.

Martin Tomczyk wollte den Erfolgs-Faktor nicht so ganz gelten lassen und verwies auf Bruno Spenglers Lausitz-Sieg in der vergangenen Saison. "Wir haben hier 2012 gewonnen, also war es damals definitiv eine BMW-Strecke", so der Champion von 2011. "Mercedes hat sicherlich sehr hart gearbeitet und es gibt verschiedene Variationen der Leistungsdichte bei den unterschiedlichen Rennen." Heißt im Klartext: In Spielberg hatte BMW die Nase vorn, in der Lausitz vielleicht Mercedes und am Norisring möglicherweise Audi. Mit Nürburgring-Dominator Jamie Green in den eigenen Reihen stehen die Chancen sicherlich nicht schlecht...