Gelb oder rot? Was in der DTM eine Frage wie Glock oder Molina, beziehungsweise Rockenfeller oder Wickens wäre, ist im Fußball dieser Tage das Reizthema schlechthin: Am Samstagabend treffen im altehrwürdigen Londoner Wembley-Stadion mit Borussia Dortmund und Bayern München die beiden besten europäischen Teams des Jahrgangs 2012/2013 zum ersten deutschen Champions-League-Finale der Geschichte aufeinander. Das lässt in der von deutschen Herstellern befeuerten DTM natürlich ebenso die Emotionen hochkochen. Motosport-Magazin.com hörte sich zuletzt im Fahrerlager von Brands Hatch um, welcher Fahrer welchen Favoriten hat und wem die Daumen drückt.

Besonders im Fußballfieber befand man sich dabei bei Audi - verständlich, sind die Ingolstädter bei den Bayern doch als Großsponsor aktiv und stellen unter anderem die Fahrzeugflotte für die Bayern-Spieler. Timo Scheider interessierte das jedoch wenig. Mit seinem bekannten verschmitzten Lächeln erklärte der zweimalige DTM-Champion: "Ich bin schon seit Jahren Dortmund-Fan, da meine Eltern aus Dortmund kommen. Auch wenn mir klar ist, dass der 'FC Hollywood' hier natürlich stark unterstützt wird - meine Emotionen für die Bayern sind trotzdem relativ gering, auch wenn Audi der Partner ist." Als besonderes Highlight und um die Vorfreue auf das Spiel des Jahres anzuheizen, nützte er gemeinsam mit Kollege Mattias Ekström den DTM-Auftritt im nahen Brands Hatch vor den Toren Londons sogar für einen kurzen Abstecher in die 90.000-Mann-Aerna in der englischen Hauptstadt.

Spengler wäre gerne in London gebleiben

Viele DTM-Piloten erwarten ein Kopf-an-Kopf-Rennen, Foto: Audi
Viele DTM-Piloten erwarten ein Kopf-an-Kopf-Rennen, Foto: Audi

Gerne hätte Scheider beim Anblick des imposanten Stadions noch eine Woche in England drangehängt. "Natürlich gab es den ein oder anderen, der gesagt hat: 'Komm, lass uns noch dahin gehen!', aber ich leider habe ich ein paar Termine Zuhause...", ärgerte er sich. Noch knapper gestaltete es sich beim Verpassen des Finalspiels vor Ort bei BMW-Star Bruno Spengler. Zwar flog der Kanadier im Anschluss an den zweiten Saisonlauf erst einmal zurück nach Deutschland, bereits am Mittwoch weilte er für ein Golfturnier aber schon wieder auf der Insel. "Aber leider schaffe ich es auch da nicht, zum Finale zu bleiben", so Spengler, der trotzdem einen ganz klaren Siegtipp hatte und voller Überzeugung zum Besten gab: "Auf jeden Fall gewinnt Bayern München. Ich glaube an ein 2:1 für die Bayern!"

Ein besonderer Tag wird das Finale auch für seinen BMW-Kollegen Dirk Werner. Dieser verriet nämlich: "Ich habe am Samstag Geburtstag, werde mit ein paar Freunden feiern und wir werden natürlich auch das Spiel gucken, denn ich schaue gerne Fußball." Wenngleich er kein Fan einer besonderen Mannschaft sei, besuche er, wann immer es die Zeit zulasse, auch gerne einmal das ein oder andere Bundesligaspiel - zuletzt war er etwa bei der Begegnung zwischen Mainz 05 und dem HSV. Mit Blick auf das Finale von London zeigte sich Werner fair: "Für mich soll der gewinnen, der besser ist." BMW-Neuling Marco Wittmann teilte zwar Werners Einstellung zum Fußball, nicht so aber dessen unparteiische Einstellung: "Eigentlich bin ich relativ neutral, aber als Franke und Bayer muss man eher den Bayern die Daumen drücken."

Glock mit Lob für Klopp & Dortmund

Die regionalen Vorlieben der Piloten machte auch Timo Glock deutlich: "Eigentlich bin ich Fan von Eintracht Frankfurt, deshalb ist es mir fast egal... aber es wird interessant, zwei deutsche Teams in England im Finale stehen zu haben." Einen Favoriten hatte Glock aber schon ausgemacht. "Bayern ist schon sehr, sehr stark momentan und das ganze Jahr über gut gewesen", so der Ex-F1-Pilot, der anfügte: "Trotzdem glaube ich, dass es ganz spannend wird, denn ich finde die Truppe um den Kloppo auch sehr interessant, gut und anders." Dem Hessen imponierte die Art der Borussen. "Die haben einfach ein anderes Auftreten... ich gönne es also beiden Teams, weil beide sehr, sehr gute Leistungen erbracht haben. Beide haben es verdient, beide haben Top-Mannschaften geschlagen und auch wenn ich an Dortmund gegen Malaga denke, in den letzten paar Sekunden und Minuten: Da waren schon ein paar Highlights dabei!"

Bei BMW legen die Fahrer beim Tipp-Kick oder am Kicker gerne selbst Hand an, Foto: BMW AG
Bei BMW legen die Fahrer beim Tipp-Kick oder am Kicker gerne selbst Hand an, Foto: BMW AG

Christian Vietoris sah die Highlights der abgelaufenen Saison eher auf Seiten der Bayern liegen. "Sie hätten sich den Sieg nach dieser genialen Saison einfach verdient und sind der Favorit, wenn auch nicht so deutlich", fand der Deutsche. Sein Mercedes-Markenkollege Daniel Juncadella ging das Endspiel hingegen mit einer anderen Motivation an: "Ich halte zu Bayern München, einfach weil sie Barcelona geschlagen haben und das mein Team ist. Also denke ich mir: Hoffentlich hat uns der spätere Gewinner geschlagen." Nicht einfach wird das Finale für alle Briten - das Mutterland des Fußballs sieht seinen Fußball-Tempel gleich durch zwei deutsche Mannschaften entweiht: Für viele Briten ein herber Schlag. Gary Paffett betrachtete die Angelegenheit jedoch trotzdem nüchtern: "Bayern ist zwar die logische Wahl, aber ich glaube, dass Dortmund eine Chance hat."

Hand sucht sich einen Stream

Einen persönlichen Favoriten habe er allerdings nicht. "Ich bin Arsenal-Fan und immerhin: Wir waren dieses Jahr eines der wenigen Teams, das Bayern geschlagen hat." Der Mercedes-Fahrer lachte: "Vielleicht sollte sich Dortmund das Spiel also nochmal auf Video ansehen!" Paffetts Landsmann Andy Priaulx meinte bei der Frage nach seinem Siegtipp: "Natürlich Bayern! Ich mag sie und verfolge viele ihrer Spiele." Den roten Fan-Schal kann er sich dementsprechend mit Landsmann Jamie Green teilen, wenngleich dieser seine Motivation anders beschrieb. "Zwei deutsche Teams... das interessiert mich eigentlich nicht so", lachte der Engländer. "Ich verfolge die Premier League, aber nicht die Bundesliga - bei Audi unterstützt man aber Bayern, daher bin ich wohl für die..."

Richtig exotisch dürfte sich das anstehende Spiel für die beiden Nordamerikaner der DTM anfühlen, die unter Football sonst etwas anderes verstehen. Robert Wickens verriet: "Ich mag alle Sportarten, aber Fußball ist für mich schon schwieriger, denn ich bin ein großer Eishockey-Fan und mein Heimteam in Toronto ist gerade aus den Play-Offs geflogen. Deswegen bin ich zur Zeit sehr verletzt und mein Herz ist gebrochen", lachte der Kanadier. Joey Hand erklärte im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com: "Mittlerweile werde ich schon oft mit diesem Sport konfrontiert, denn meine Teamkollegen reden darüber und irgendwie hat jeder einen anderen Favoriten." So habe auch er mit der Zeit einige Spiele verfolgt.

"Meistens war es mit Beteiligung des FC Bayern. Wenn ich also für jemanden wäre, dann für die Bayern, weil ich die Spieler wiedererkenne", lachte Hand, der meinte: "Ich kenne den Namen von ihrem Torhüter nicht, aber das ist ein guter Kerl... und der kleine Typ, der schon aussieht wie 40, aber immer so viele Tore schießt: Ein guter Mann!" Auch wenn er am Wochenende wieder in den USA weilt, will Hand das Spiel dort irgendwie zu sehen bekommen. "Das ist in den USA leider gar nicht so einfach, aber vielleicht suche ich mir im Notfall im Internet einen Stream. Und mit der Zeitumstellung läuft es bei mir ja auch am Vormittag - keine schlechte Zeit, um in Ruhe Fußball zu gucken!"