Stephane Peterhansel und Toby Price. Peugeot und KTM. Am Tag nach der Rallye Dakar spricht alles von den großen Siegern und deren Triumphen, die den Rekordbüchern jeweils ein neues Kapitel hinzufügten.

Aber die Dakar lebt nicht nur von ihren strahlenden Siegern, sondern auch von den vielen kleinen Schicksalen und Dramen, die im Windschatten der Führenden passieren. Motorsport-Magazin.com zieht zum Abschluss der Rallye Dakar den Hut vor den Helden aus der zweiten Reihe.

Laia Sanz - die härteste Frau der Dakar

In Bolivien war noch alles in Ordnung mit Laia Sanz, Foto: ASO/DPPI
In Bolivien war noch alles in Ordnung mit Laia Sanz, Foto: ASO/DPPI

Noch nie konnte eine Dame die Motorrad-Wertung der Rallye Dakar gewinnen. Die zweiwöchige Tortur durch Anden und Pampa fordert selbst dem härtesten Enduro-Draufgänger alles ab, weshalb sich kaum weibliche Teilnehmerinnen auf zwei Rädern nach Südamerika trauen. Eine Ausnahme zu dieser Regel ist KTM-Werkspilotin Laia Sanz. Die 30-jährige Spanierin gehörte dieses Jahr zwar nie zu den Schnellsten, dafür stellte sie an den letzten beiden Tagen umso mehr ihr Kämpferherz unter Beweis. Als sich Sanz mit einer Halsentzündung und Fieber durch die drittletzte Sonderprüfung kämpfte, kam sie zu Sturz und brach sich dabei ein Schlüsselbein. Doch zwei Tage vor dem Ende wollte sie nicht aufgeben, biss sich tags darauf über die längste Etappe (931 Kilometer) dieser Rallye und bestritt letztlich auch die 699 Kilometer der Schlussetappe. "Ich habe mein Schlüsselbein bei jedem einzelnen Bremsvorgang gespürt", gab Sanz danach erschöpft zu Protokoll. Rang 15 ist angesichts dieses Handicaps wie ein Sieg zu werten.

Loeb & Hirvonen - die WRC-Umsteiger

Mikko Hirvonen verpasste das Podium nur knapp, Foto: X-raid
Mikko Hirvonen verpasste das Podium nur knapp, Foto: X-raid

Dass sich Rallye-WM und Rallye Dakar in einem Lebenslauf gut miteinander vertragen, bewiesen in der Vergangenheit schon viele WRC-Asse. Ari Vatanen, Juha Kankunnen und Carlos Sainz konnten bereits belegen, dass Rallye-Weltmeister auch bei der Dakar gesamtsiegfähig sind. In diesem Jahr gaben zwei weitere potenzielle Gesamtsieger ihr Debüt: Sebastien Loeb und Mikko Hirvonen. Beide Ausnahmekönner konnten beim Erstversuch eine Etappe gewinnen: Hirvonen siegte im Mini am Vorschlusstag, Loeb holte mit vier Tagessiegen in seinem Peugeot sogar mehr Etappensiege als jeder andere Fahrer in diesem Jahr. Während Loeb bis zu den verhängnisvollen Dünen sogar schon im Debütjahr vom ersten Dakar-Sieg träumen durfte, verpasste Hirvonen das Podium nur um mickrige zweieinhalb Minuten. Hut ab vor diesen Leistungen, hoffentlich beehren die beiden Herren die Dakar 2017 wieder.

Walkner & Goncalves - die Gestürzten

Wenn man einen Podestplatz vor Augen hat und dann plötzlich stürzt, ist das bitter. Noch schlimmer ist es allerdings, wenn man sich dabei auch noch verletzt. So ist das bei dieser Dakar leider zwei aussichtsreichen Piloten passiert. Der Österreicher Matthias Walkner war auf der 6. Etappe mit Rang zwei auf den dritten Platz im Gesamtklassement geklettert. Einen Tag später flog er allerdings so heftig ab, dass er sich dabei einen Oberschenkel brach und aufgeben musste. Paulo Goncalves, zu diesem Zeitpunkt Gesamtführender, traf als Erster am Unfallort ein und wartete gemeinsam mit Walkner auf die Einsatzkräfte.

Leider dürfte sich damit auch Walkners Pech auf den portugiesischen Honda-Piloten übertragen haben. Drei Tage später fiel Goncalves wegen eines defekten Kühlers und einer indirekt daraus resultierenden Strafe aus den Top-3 der Gesamtwertung. Bei einer finalen Attacke auf der drittletzten Etappe kam er schließlich zu Sturz und zog sich eine Gehirnerschütterung zu. Damit war auch für Goncalves die Rallye Dakar vorzeitig zu Ende. 2017 sieht man die beiden Kämpfer aber wohl wieder.

Pechvogel Carlos Sainz

An diesem Ort zerplatzte der Dakar-Traum von Carlos Sainz, Foto: Red Bull
An diesem Ort zerplatzte der Dakar-Traum von Carlos Sainz, Foto: Red Bull

Vom Glück verfolgt war Carlos Sainz in seiner fast 30-jährigen Rallye-Karriere nur selten. Jeder WRC-Fan wird sich mit Schrecken an das WM-Finale 1998 zurückerinnern, als Sainz' Corolla wenige hundert Meter vor dem Ziel mit einem Defekt ausrollte und dem Spanier der Titel flöten ging. Bei der Rallye Dakar war Sainz das Glück zuletzt auch nicht mehr hold. Seinen letzten Zieleinlauf beim Klassiker verzeichnete er 2011 - seither schied er viermal in Folge vorzeitig aus. Diesmal traf es Sainz besonders böse: In den Dünen von Fiambala blieb sein Peugeot drei Tage vor dem Ende in Führung liegend hängen. Ein Verbindungsstück im Getriebe war gebrochen - der 2008 DKR ein Totalschaden. Spätnachts mussten die Peugeot-Mechaniker w.o. geben und Sainz erklären, dass nichts mehr zu machen sei. Bitter für den Spanier: Er hält bei mittlerweile 29 Etappensiegen, allerdings nur einem Gesamtsieg. Der sechsfache Automobilwertungssieger Peterhansel hat nur sechs Tagessiege mehr auf dem Konto als Sainz. Vielleicht bekommt der Spanier ja 2017 endlich das Pech von seinen Reifen.

Ein Bruder-Duell im Schatten

Die Patronelli-Brüder mischten bei den Quads auf, Foto: Red Bull
Die Patronelli-Brüder mischten bei den Quads auf, Foto: Red Bull

Auto- und Motorrad-Wertung sind für die meisten Fans das Nonplusultra der Rallye Dakar. In ein paar Ländern gibt es auch noch Truck-Verrückte (man denke an Russland oder die Niederlande), doch die mit der Südamerika-Übersiedlung eingeführte Quad-Kategorie fristet nur ein Schattendasein. Dabei gibt es auch in dieser Klasse packende Geschichten über Teilnehmer. Da wären zum Beispiel die Patronelli-Brüder Marcos und Alejandro, die sich zwischen 2010 und 2013 vier Gesamtsiege brüderlich teilten. 2016 gab es nach zwei erfolglosen Versuchen das große Comeback. Nach elf Etappen lagen die argentinischen Geschwister nur acht Sekunden voneinander getrennt an der Spitze. Am Ende hatte Marcos die Nase um fünf Minuten vorne, im Ziel feierten freilich beide Brüder gemeinsam.

18 Jahre und schon so schnell

Von Sheldon Creed wird man wohl noch öfter hören, Foto: Red Bull
Von Sheldon Creed wird man wohl noch öfter hören, Foto: Red Bull

Im Alter von 18 Jahren machen die meisten Personen eben erst ihren Führerschein. Ein- und Ausparkmanöver mit Plastikhütchen und der ständige Kampf mit der Kupplung stehen für die meisten Leute zu diesem Zeitpunkt ihres Lebens an der Tagesordnung. Nicht so für einen gewissen Sheldon Creed. Der 18-jährige Amerikaner fährt seit vier Jahren Rennen mit den berühmten Stadium Trucks und konnte dabei schon mehrfach Medaillen bei den X-Games gewinnen. 2016 feierte er nun auch sein Debüt bei der Rallye Dakar. Und weil es Creed gerne groß und laut mag, durfte er gleich im umgebauten Hummer des Teams von Robby Gordon ran. Zwischenzeitlich lag er auf Etappen innerhalb der Top-10 und holte Platz 24 als bestes Etappenergebnis. Nach neun Sonderprüfungen war nach einem technischen Problem leider Schluss. Wenn man bedenkt, dass Dakar-Sieger Stephane Peterhansel bereits 50 ist, dürfte Creed aber wohl noch ein paar Jährchen vor sich haben.