Endlich auch echtes Dakarfeeling für uns auf der Service Route, allerdings nur, weil wir heute unsere eigenen Wege befahren. Da wir die Nacht zuvor im Marathonbivak bei den Fahrern übernachtet haben, ist der Service mit seinem eigenen Zwischen-Bivak mittlerweile zu weit weg.

Die Route, die wir uns vorher ausgedacht haben führt uns über 600 Kilometer davon 220 auf Schotter-Pisten. Wir freuen uns darauf und ich kann es vorweg nehmen, es wird ein richtig schönes Abenteuer mit maximal Hardcore Offroad in offenem Gelände. Unser GLE gibt ALLES.

Was uns erwartet ahnen wir zum Start unserer Reise aber noch nicht und wir geniessen zunächst wunderbare Landschaften vor dem Grenzübertritt nach Bolivien. Dabei kommen wir immer wieder an bunten Friedhöfen vorbei. Oftmals werden an den Strassen direkt Gedenksteine angebracht und wir fragen uns, ob die nur für Verkehrsopfer sind oder warum sie so nah am der Strassenrand platziert werden.

Bunt sind die Gräber, weil alles mit Plastikblumen geschmückt wird. Angesichts der Hitze eine äusserst praxisnahe Idee. Was uns ebenfalls faziniert sind die Sporthallen. Meist das modernste Gebäude in der jeweiligen Stadt. Lehmhütten aber Basketballplätze, wie das zusammenpasst? Keine Ahnung. Der sprichwörtliche Gipfel dann auf 4.000 Meter Höhe: ein Fussballplatz. Wäre doch mal eine Idee für ein Bundesliga Höhentraining!

Beim Grenzübergang nach Bolivien ändert sich das Bild komplett. Das erstaunt angesichts der Tatsache, dass Grenzstädtchen eigentlich fast immer sehr ähnlich aussehen, egal auf welcher Seite der Grenze man sich befindet. Aber hier sieht man sofort die so typischen Kopfbedeckungen; alte Frauen, die am Strasserand Obst und Ähnliches aus Schubkarren heraus verkaufen und ein Städchen, dass bunt ist, richtig bunt. Asphalt gibt es allerdings keinen. In Argentinien hat man ja meistens eine asphaltierte Hauptstrasse mit Schotterseitenstrassen. Hier ist die Existenz von Asphalt noch nicht in der Realität angekommen. Aber es gibt Zuschauertribünen um die Dakarler wilkommen zu heissen.


208 Kilometer vor Uyuni beginnt dann unsere Schotterpiste. Ich lasse es vorsichtig angehen, denn mit unseren 19 Zoll Offroad Reifen sind wir uns nicht sicher, was da so geht. Aber es geht gut und so meistern wir Schotterpiste und Wasserdurchfahrten ohne Probleme. Gerade, als wir uns schon auf einen netten Kaffee im Bivak freuen, beginnt dann unser eigentliches Abenteuer. Die Strecke ist gesperrt. Nach einigen Diskussionen werden wir zwar noch ein Stückchen weitergeleitet aber dann ist endgültig Schluss. Der Grund: die Ruta 21 ist Rennstrecke! Damit ist klar, wir müssen einen alternativ Weg finden, denn die Piste wird bis zum letzten Teilnehmer, also bis mindestens Mitternacht gesperrt sein.

Anfangs glauben wir noch daran, vier Kilometer entfernt eine gute Piste finden zu können, aber als wir sie befahren kommt von hinten ein Renntruck an und damit ist klar, dass auch diese gute Piste Rennstrecke ist. So schnell ist wahrscheinlich noch nie ein GLE auf einen Offroad "Seitenstreifen" ausgewichen.

Also noch offroadiger, glücklicherweise haben wir ein gutes Navi dabei, das auch kleinste Pisten anzeigt. Allerdings wäre die nächste Alternativroute eine Strecke, die keinerlei Pisten mehr ausweist, also volles Risiko ins Gelände. Der Versuch scheint uns aber immer noch besser, als einfach nur zu warten, zudem wir auf eine litauisches Presseauto stossen, das die gleichen Pläne verfolgt. Gemeinsam geht es also los, was durchaus beruhigend wirkt. Am Ende werden es 60 Kilometer rein pistenlose Strecken über kamelgras ähnliche Buckel, durch steiniges Gelände und sandige, schwere Flächen. Selbst kleine Dünen bekommen wir zu sehen und deren Ausläufer unter die Räder. Zwei, drei Mal wird es kritisch, als wir entlang von stillgelegten Bahnschienen fahren und es teilweise so eng ist, dass der Reifen entlang der alten Schienen geführt werden muss. Aber die Flanken halten. Kein Plattfuss, erstaunlich. Eine Abfahrt befürchte ich das Schlimmste für unsere Frontschürze, denn sie biegt sich deutlich, aber es bleibt alles Heile und das Bivak erreichen wir tatsächlich schon zum Abendessen.