Chaos bei den 24 Stunden von Spa-Francorchamps. Mittendrin: Augusto Farfus. Der BMW-Pilot startete zum ersten Mal beim Langstrecken-Klassiker in den Ardennen. Farfus teilte sich den #66 BMW Z4 GT3 von Marc VDS Racing mit seinen Kollegen Maxime Martin und Jörg Müller. Motorsport-Magazin.com begleitete Farfus am Rennsonntag auf Schritt und Tritt. Ein Tag im Leben eines Rennfahrers - wir berichten im Protokoll, was Augusto so alles in Belgien erlebte.

14:20 Uhr - Pit Walk und Autogrammstunden. Das eigentliche Rennen beginnt erst um 16:30 Uhr, doch schon vorher gibt es für die Fahrer einiges zu tun. Fans holen sich bei bestem Wetter Autogramme ihrer Lieblinge.
Augusto sagt: "Ein 24-Stunden-Rennen geht eigentlich 36 Stunden lang. Du kommst früh an die Strecke und musst dich auf einen sehr langen Tag einstellen."

Augusto beim Autogramme scheiben, Foto: SpotOn Marketing
Augusto beim Autogramme scheiben, Foto: SpotOn Marketing

15:00 Uhr - Fahrerparade. Die Anspannung steigt langsam, noch eineinhalb Stunden bis zum Rennstart. Augusto ist noch relaxed und genießt die ausgelassene Atmosphäre. Besonders: Mit den 24h von Spa ist er nun bei jedem wichtigen 24-Stunden-Rennen am Start gewesen.
Augusto: "In Sachen Speed gibt es keine großen Unterschiede. Deshalb ist das Rennen sehr eng im Vergleich zum Nürburgring etwa, wo es unterschiedliche Leistungsklassen gibt. Es ist schwierig, hier den Verkehr richtig in den Griff zu bekommen - eine tolle Erfahrung!"

16:00 Uhr - Die Autos nehmen in der Startaufstellung Platz. Es wird das zweite Rennen für Augusto innerhalb weniger Tage. Er kommt frisch vom DTM-Rennen in Moskau. Viel Zeit zur Vorbereitung auf die 24 Stunden von Spa blieb nicht. Aber Augusto kennt den Z4 GT3 bestens und hat keine Sorge wegen der Umstellung vom DTM-Boliden.
Augusto erklärt: "Natürlich verhalten sich die Autos unterschiedlich, aber am Ende sind beides Rennwagen. Wie man fährt und attackiert, ist ziemlich ähnlich. Der größte Unterschied besteht darin, dass du den BMW Z4 GT3 nicht auf dich selbst anpassen kannst, weil du dir das Auto mit deinen Teamkollegen teilst. Da musst du flexibel sein, aber das ist kein Problem."

Gute-Laune-Gustl kurz vor dem Rennstart, Foto: SpotOn Marketing
Gute-Laune-Gustl kurz vor dem Rennstart, Foto: SpotOn Marketing

16:30 Uhr - Rennstart! Maxime Martin fährt den ersten Stint im #66 Z4 von Marc VDS. Augusto steht in der Box und verfolgt die ersten Runden am Monitor. An seiner Seite: Ehefrau Liri und Tochter Victoria. Keine Zwischenfälle, Martin kommt gut durch die hektische Startphase. Ungewohnt für Augusto, bei einem Rennstart nicht selbst am Steuer zu sitzen - wie er es aus der DTM gewohnt ist.
Augusto sagt: "Das ist schon was anderes als in der DTM. Aber es ist einer der schönsten Aspekte bei einem 24-Stunden-Rennen, weil der Teamspirit hier sehr wichtig für den Erfolg ist. Du musst dich zwar anpassen, aber genau darum geht es bei den 24 Stunden: Jeder geht Kompromisse ein."

17:15 Uhr - Jetzt beginnt das Kribbeln. Augusto beobachtet Martins Fahrt und macht sich langsam bereit für seinen ersten Stint. Helm auf, Konzentration, kurzes Gespräch mit dem Ingenieur und noch schnell was trinken.

Kurz vor dem ersten Stint, Foto: SpotOn Marketing
Kurz vor dem ersten Stint, Foto: SpotOn Marketing

17:30 Uhr - Das Getränk fordert seinen Tribut. Augusto sucht das Bad auf. Nur noch wenige Minuten bis zum ersten Fahrerwechsel beim Z4.

17:36 Uhr - Jetzt ist es soweit: Martin kommt an die Box geschossen. Der Belgier hat den BMW auf Platz fünf vorgefahren. Farfus, übernehmen Sie! Große Zeitenunterschiede gibt es noch nicht, dem Z4 fehlen rund 35 Sekunden auf den führenden Audi R8.
Augusto weiß: "Es ist das einzige 24-Stunden-Rennen, in dem ausschließlich GT-Autos an den Start gehen. Das Feld liegt also sehr eng zusammen."

18:44 Uhr - Augustos Stint ist vorbei, er kommt an die Box und übergibt an Teamkollege Jörg Müller. Nach einigen Unfällen und Safety-Car-Phasen führte Augusto das Feld im Z4 eine Zeit lang an, bevor er seinen Turn nach gut einer Stunde beendet.

18:50 Uhr - Augusto bespricht sich nach seinem Einsatz mit den Ingenieuren. Aktuell sieht es gut aus für Marc VDS Racing. Augusto schnappt sich etwas zu essen, um nicht die Konzentration zu verlieren.
Augusto erklärt: "Zwischen deinen Stints musst du schauen, dass du dich etwas erholen kannst. Das ist eine völlig andere Welt im Vergleich zur DTM und ihren Sprintrennen. In der DTM musst du immer Vollgas geben, beim 24-Stunden-Rennen kommt es stattdessen auf die richtige Balance an, um die Performance so hoch wie möglich zu halten."

18:52 Uhr - Das Unfall-Chaos in Spa geht weiter. Augusto muss an der Box zusehen, wie Müller mit einem Ferrari in La Source kollidiert und das Auto mit schwerem Frontschaden zurück in die Garage schleppt. Der erste bittere Rückschlag für den Z4 mit der Startnummer 66.

Nach dem Unfall konnte der Z4 die Fahrt fortsetzen, Foto: SpotOn Marketing
Nach dem Unfall konnte der Z4 die Fahrt fortsetzen, Foto: SpotOn Marketing

20:47 Uhr - Die Reparaturphase am Z4 dauert ganze sechs Runden, bevor das Auto wieder als 52. auf die Strecke gehen kann. Zu diesem Zeitpunkt ist das Rennen für den #66 BMW quasi gelaufen. Es kommt noch dicker: Müller kassiert für den Zwischenfall mit dem Ferrari auch noch eine Durchfahrtstrafe.

21:26 Uhr - RED FLAG! Die Rennleitung entscheidet nach einigen heftigen Unfällen, das Rennen zu unterbrechen. Nach nur fünf Stunden hatte es so oft auf der Strecke geknallt wie schon lange nicht mehr bei einem 24-Stunden-Rennen. Der Mix aus Profis und Amateuren in ähnlich starken Autos bringt gewisse Risiken mit sich.
Für Augusto gehört das aber dazu: "Das ist normal. Niemand hat bei seinen ersten Rennen viel Erfahrung. Jeder muss sich das erst erarbeiten. Natürlich gibt es manchmal Piloten, die ziemlich unüblich fahren, aber das Teil des Lernprozesses. Solange sie vorsichtig zu Werke gehen, sind sie herzlich willkommen."

Die Rennunterbrechung dauert gut eine Sunde, Foto: SpotOn Marketing
Die Rennunterbrechung dauert gut eine Sunde, Foto: SpotOn Marketing

22:40 Uhr - Grüne Flaggen, das Rennen geht weiter. Augusto hat die Zwischenzeit genutzt, um ein bisschen abzuschalten, bevor sein nächster Stint ansteht. Die Siegchancen sind zwar dahin, aufgegeben wird aber noch lange nicht.
Augusto sagt: "Du musst versuchen, ein bisschen zu entspannen. Natürlich hast du nicht so viel Zeit dafür, wie du es gern hättest. Du bist quasi immer wach, denn du möchtest ja sehen, was deine Teamkollegen machen."

00:00 Uhr - Mitternacht, Augusto hat den Z4 von DTM-Kollege Martin übernommen. Er gibt weiter Vollgas, hat es aber nicht einfach, weil das Handling des Autos nach dem früheren Crash schwierig ist. Zu diesem Zeitpunkt fehlen dem #66 Marc VDS BMW zehn Runden auf die Spitze.
Augusto lässt sich aber nicht entmutigen. Nach der Übergabe des Autos an Müller sagt er: "Mir gefällt die Idee, das Auto und die Erfahrungen mit deinen Teamkollegen zu teilen. Wir sind drei Fahrer, die für das gleiche Ziel kämpfen. Das ist der beste Teil daran. Wenn du in einem siegfähigen Auto sitzt, gibst du alles - auch für deine Teamkollegen."

Volle Konzentration in der Nacht, Foto: SpotOn Marketing
Volle Konzentration in der Nacht, Foto: SpotOn Marketing

01:25 - Und dann ist Feierabend. Müller im Pech! Der Routinier knallt während seines Stints mit einem Hasen zusammen, der quer über die Strecke gelaufen war. Der Kontakt lässt sich nicht vermeiden, das Tier knall voll in den Kühler des Z4. Damit ist das Rennen für den #66 Z4 gelaufen, der Schaden lässt sich nicht mehr reparieren. Ein verfrühtes Ende für Augusto und den Rest des Teams.
Gustl nach dem vorzeitigen K.o.: "Unser Rennen hier in Spa war wirklich schwierig. Der Unfall hinterließ ein Loch im Kühler und beendete unser Rennen. Das ganze Rennen war enttäuschend, denn wir kamen mit dem Ziel hier her, um den Sieg zu kämpfen. Wenn man sich die Performance des anderen Autos unseres Teams anschaut, wäre das auch möglich gewesen. Na ja, jetzt muss ich mich auf das anstehende DTM-Rennen in Österreich fokussieren."