Mit dem neuen EQS übertrifft sich Mercedes wieder einmal selbst und macht sich schon fast Konkurrenz im eigenen Haus. Die Schwaben sehen den EQS als eigenständiges Fahrzeug und nicht einfach als umgebaute und elektrifizierte S-Klasse.

Der EQS baut auf einer neu entwickelnden MEA-Plattform auf, die speziell für E-Autos im Hause Mercedes entwickelt worden ist. Deshalb ist dies das erste Auto des Fahrzeugherstellers, das nicht nur von einem Verbrenner-Modell abgeleitet worden ist, sondern komplett eigenständig konzipiert wurde. Auf dieser Plattform soll es zukünftig auch andere Modelle geben, wie zum Beispiel einen EQS SUV, da diese ganz leicht in ihrer Länge und ihrer Höhe angepasst beziehungsweise die Batteriegröße flexibel verändert werden kann.

Mercedes EQS bietet bis zu 770 Kilometer Reichweite

Der im EQS verbaute Akku bietet eine Kapazität von 107,8 Netto kWh. Das sorgt für hohe Reichweiten bis zu 770 km und stellt klar den Hauptkonkurrenten Tesla in den Schatten. An Schnellladestationen soll in 15 Minuten Energie für bis zu 300 km an Reichweite nachgeladen werden können. Mit dem optionalen dreiphasigen OnBoard-Charger, der eine Ladeleistung von 22 kW schafft, kann der EQS in rund fünf Stunden vollständig aufgeladen werden. Der serienmäßige einphasige Charger lädt das Auto in doppelt so langer Zeit wieder auf.

Die effizienten Permanent-Magnet-Motoren des Mercedes sorgen wahlweise für reinen Heckantrieb mit 245 kW (333 PS) oder treiben alle vier Räder an. Der Allrad 4Matic schafft hierbei 385 kW (525 PS). Diese Werte beschleunigen den 2,5 Tonnen schweren EQS in 6,2 beziehungsweise 4,3 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Bei 210 km/h ist laut Mercedes die Höchstgeschwindigkeit erreicht.

Geringer Luftwiderstand des Mercedes EQS

Mercedes' erste vollelektrische Luxus-Limousine basiert auf einem komplett neuen Design-Ansatz, welcher sich deutlich am Exterieur des Fahrzeuges festmachen lässt. Das sogenannte Greenhouse, also die Fahrgastzelle, wurde hier so weit wie möglich ausgedehnt. Allein der Radstand beträgt 3,21 Meter bei einer Gesamtlänge von 5,22 Meter. Um bei diesen Maßen den EQS auch in der Stadt manövrierfähig zu machen, lenken die Hinterräder mit bis zu 10 Grad mit. Auch fallen die weit gezogene A- und C-Säule und die kurzen Überhänge sofort ins Auge. Dieses spezielle Design, sowie reduzierte Linien, kaum vorhandene Fugen und nahtlose Übergänge an den verschiedenen Flächen sorgen für einen beachtlichen cw-Wert von 0,20. Das ist ein neuer Weltrekord und auch hier lässt Mercedes wiederum Tesla hinter sich.

Der angedeutete Black-Panel-Grill, welcher optional auch mit Stern-Muster erhältlich ist, verbirgt zahlreiche Sensoren der Fahrassistenzsysteme wie Ultraschall, Kameras oder das Radar für den Autopiloten, welche auch aus der S-Klasse bereits bekannt sind. Hier schließt auch wieder die übergreifende und fast ohne Fugen auskommende Motorhaube an, die sich überraschenderweise nicht öffnen lässt - also kein Frunk im EQS. Für diverse Flüssigkeiten wie das Wischwasser, gibt es seitlich über dem linken Vorderrad eine Serviceklappe zum Nachfüllen. Die Fronthaube soll nur für Wartungsarbeiten von befugten Mechanikern geöffnet werden, zum Beispiel für den Tausch des HEPA-Filters. Eine sehr unkonventionelle Lösung die Mercedes geht.

Mit einem Kofferraumvolumen von 610 Liter beziehungsweise 1.770 Liter bei umgeklappter Rückbank kann man aber auf den Stauraum unter der Haube leicht verzichten. Das Coupé-hafte Design des EQS sorgt des Weiteren dafür, dass das Auto keine klassische Limousine mehr ist, sondern eine tatsächliche Kofferraumtüre besitzt. Abhängig von welchem Blickwinkel man das Auto betrachtet, wirkt der EQS sportlich und dynamisch oder eben etwas ungewohnt und unproportional. Die scharfe Abrisskante mit Spoiler am Heck sowie das nahtlos integrierte LED-Leuchtband stehen dem EQS wiederum ausgezeichnet gut.

Blinkendes Interieur lässt Las-Vegas-Feeling aufkommen

Vom aerodynamischen Cab-Forward-Design außen mag man halten, was man will, ein Hingucker ist der Hyperscreen mit OLED-Technologie beim Interieur. Das Riesen-Display mit acht Prozessorkernen und 24 GB Arbeitspeicher nimmt die ganze Breite des Innenraums von Fahrer über die Mittelkonsole bis hin zum Beifahrer ein und misst satte 141 Zentimeter. Eine derart große Bildschirmfläche in einem Auto ist bis dato einmalig. Das Hyperscreen besteht aus drei Einheiten. Fahrer- und Beifahrer-Display mit jeweils 12,3-Zoll, das Mittel-Display mit 17,7 Zoll, wobei der Bildschirm für den Beifahrer aus der Sicht des Fahrers verdunkelt wird, um diesen nicht abzulenken. Der Hyperscreen bietet unendliche Features des MBUX-Systems, ist aber dennoch optional und gehört nicht zu Standartausführung.

Foto: Mercedes-Benz AG
Foto: Mercedes-Benz AG

In der Basisversion findet man ein schwebendes 12,8 Zoll Display. Der Beifahrer muss ohne eigenes Infotainment auskommen. Physische Tasten sucht man im EQS vergebens. Um etwas Abwechslung in den Innenraum zu bekommen, wird deshalb im neuen Mercedes einfach alles beleuchtet, was nur geht. Von den Umrandungen der Luftdüsen, dem verbauten Echtholz bis hin zu den einzelnen Paneelen in der Türe.

Selten fand man so viel Ambiente-Beleuchtung in einem Auto vor. Gemeinsam mit den vielen Screens wirkt das schon fast etwas überfordernd für das einzelne Auge, da diese LEDs etwa beim Beschleunigen, Rekuperieren, dem Einstellen der Klimaanlage oder als zusätzliche Warnhinweise fungieren und dementsprechend aufleuchten. Dennoch: Hat man sich einmal an die Technologie des MBUX von Mercedes und der enormen Bildschirmlandschaft gewöhnt, will man diese nie mehr missen.

Auf der Rückbank geht es, wie auch in der S-Klasse, sehr geräumig zu, wenn auch die Kopffreiheit geringer ausfällt. Dies ist vor allem dem erhöhten Aufbau wegen der Akkus im Boden des Fahrzeuges geschuldet. Die Türen öffnen optional komplett automatisch. Für Fahrgäste auf der Rückbank besonders komfortabel: Es sind hinten zwei zusätzliche Displays verbaut, die auch über ein in der Mittelarmlehne verstautes und herausnehmbares Mercedes-Tablett gesteuert werden können. Für den perfekten Sound sorgt eine Surround-Soundanlage von Burmester mit insgesamt 15 Lautsprechern und 710 Watt Leistung.

Der Marktstart für den Mercedes EQS ist im Sommer 2021 geplant. Über den Preis hat der schwäbische Autobauer noch keine Angaben veröffentlicht.