Zwei YouTube-Videos sorgen in diesen Tagen für große Diskussionen. Unter der Schlagzeile 'ADAC - fair oder unfair?' veröffentlichte das Team GT im Nachgang zum Rennwochenende der ADAC GT4 Germany auf dem Hockenheimring ein Video, in dem sich Teambesitzer Bernhard Laber und Fahrer Felix von der Laden heftig über die Vorkommnisse auf der badischen Traditionsstrecke beschweren und zum Teil schwere Vorwürfe erheben.

Im Mittelpunkt der Kritik, die der bekannte YouTuber von der Laden (3,2 Millionen Abonnenten) mit einem eigenen Video unter dem Namen 'Aufgeben oder Kämpfen' bekräftigt, steht die Balance of Performance. Das Team GT, das in der ADAC GT4 Germany drei McLaren 570S GT4 einsetzt, fühlte sich bei der Fahrzeugeinstufung stark benachteiligt.

"Es sah nach Absicht aus"

"Unsere Autos wurden bewusst langsamer gemacht, andere Hersteller bewusst schneller gemacht. Aus unserer Warte sieht das nach Absicht aus", sagte Laber, der sich an diesem Wochenende das Auto mit dem früheren Formel-1-Fahrer und Gaststarter Christian Danner teilte.

Laber weiter: "Uns wurden mit dem Messer alle Meisterschaftschancen gekillt. Wir wurden hier ins Nirvana 'geBoPt' und wissen nicht warum." Es sei der Eindruck entstanden, dass das Team in Hockenheim "offensichtlich nicht gewinnen sollte".

Foto: ADAC GT4 Germany
Foto: ADAC GT4 Germany

Der richtige Adressat?

Die beiden Videos wurden bis zum Freitagmittag zusammen mehr als 200.000 Mal angeklickt, in den über 1.000 Kommentaren prasselte teilweise harte Kritik auf den ADAC ein.

Bei zahlreichen Motorsport-Experten schlug die Video-Offensive des Teams unterdessen auf Unverständnis. Und es stellt sich die Frage: Wurden die Vorwürfe an den richtigen Adressaten vorgetragen?

In den Videos mit einer Gesamtlänge von mehr als 30 Minuten entstand mehrfach der Eindruck, dass der ADAC selbst zuständig sei für die Balance of Performance der GT4-Rennwagen. Wenngleich diese Behauptung weder von Laber noch von Felix von der Laden wörtlich ausgesprochen wurde. Die Rede war von "Verantwortlichen".

BoP ist SRO-Sache

Tatsächlich ist für die Fahrzeugeinstufung in der ADAC GT4 Germany die SRO Motorsports Group als Eigentümerin der Fahrzeugklasse GT4 verantwortlich. In die Fahrzeugeinstufung fließen die Daten aus sämtlichen GT4-Rennserien weltweit ein, um anhand dieses Pools für einen möglichst ausgeglichenen Wettbewerb in den zahlreichen GT4-Serien zu sorgen.

"Der ADAC hat und nimmt in keiner Weise Einfluss auf die Fahrzeugeinstufung", stellt ein ADAC-Sprecher auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com fest. Und weiter: "Wir weisen jegliche Vorwürfe der Manipulation an den Fahrzeugeinstufungen strikt zurück. Die sportlichen Leistungen der anderen Teilnehmer mit den in dem erwähnten Video gemachten Aussagen zu schmälern, halten wir für unsportlich."

Foto: ADAC GT4 Germany
Foto: ADAC GT4 Germany

"Bewusst langsamer gemacht"

Laber und von der Laden beschwerten sich zudem über die Veränderung der Balance of Performance im Vergleich zum vorangegangenen Rennwochenende auf dem Nürburgring, wo ihrer Ansicht nach ein ausgeglichener Wettbewerb stattgefunden habe. "Bewusst wurde unser Auto erheblich langsamer gemacht", sagte Laber und deutete auf zusätzliches Fahrzeuggewicht sowie eine Anhebung der Fahrzeughöhe hin.

Ein ADAC-Sprecher sagte dazu: "Die SRO unterteilt Rennstrecken nach ihrer Charakteristik in vier verschiedene Kategorien, um für jeden Streckentyp eine faire Einstufung sicherzustellen. Nürburgring Sprintstrecke und Hockenheim Grand Prix Strecke sind zwei sehr verschiedene Strecken. Die gefahrene Nürburgring-Variante ist die kürzeste und langsamste Strecke im Kalender, Hockenheim die Längste und eine der drei Schnellsten."

Während eines Rennwochenendes der ADAC GT4 Germany wird die Balance of Performance per Reglement nicht verändert. Eine Ausnahme bilden die ersten beiden Veranstaltungen, um auf die gewonnenen Erkenntnisse entsprechend reagieren zu können.

McLaren 1,5 Sekunden zurück

Auf dem Hockenheimring qualifizierten sich die drei McLaren des Team GT am Samstag auf den Startplätzen 14, 21 und 22. Dem bestplatzierten Auto fehlten 1,5 Sekunden auf die Pole-Zeit. Das erste Rennen des Wochenendes beendeten die drei Fahrzeuge auf den Plätzen 11, 18 und 23.

Im Sonntagsrennen starteten die Team GT-McLaren von P19, 20 und 26. Die Ziellinie überquerten sie anschließend als Zehnte und 17., während der #33 McLaren zur Rennhälfte ausfiel. Das Team Dörr Motorsport, das zwei GT4-McLaren einsetzt, erzielte in diesem Rennen mit Platz acht das beste Wochenendergebnis für den britischen Sportwagen.

Beide Rennen in Hockenheim gewann ein Mercedes-AMG GT4. Nach dem vorletzten Rennwochenende der Saison führen Marius Zug und Teamkollege Gabriele Piana (BMW M4 GT4 des Teams RN Vision STS) die Fahrerwertung an. Team GT-Fahrer Michael Benyahia und Teamkollege Charles Fagg sind Gesamtsechste mit 50 Punkten Rückstand.

Foto: ADAC GT4 Germany
Foto: ADAC GT4 Germany

Betrugsvorwurf an den ADAC?

Am Ende des 'ADAC - fair oder unfair'-Videos wird ein schriftliches Statement eingeblendet: "Der Meisterschaftsführende der ADAC GT4 Germany ist seit diesem Wochenende ein Fahrer aus der ADAC Stiftung Sport! Die Fahrer der ADAC Stiftung Sport fahren BMW und Mercedes!"

Diese Feststellung ist korrekt, könnte im Kontext des Videos aber gleichfalls als ein Betrugsvorwurf verstanden werden. Ein ADAC-Sprecher nimmt dazu Stellung: "Wir halten es für unsportlich die Leistung der Teilnehmer, die am Wochenende erfolgreich waren, mit einem solchen Statement zu schmälern. Sollten konkrete Betrugsvorwürfe formuliert werden, werden wir diesen entschieden entgegentreten."

Konkret im Video formuliert wurde der Vorwurf, dass das Team am Wochenende keine Antworten auf seine Fragen bezüglich der BoP-Einstufung erhalten habe. Es sei laut Laber auch die Aufgabe des ADAC, dafür zu sorgen, allen Wettbewerbern die faire Chance zu geben, Rennen unter verschiedenen Umständen gegeneinander auszutragen.

Laber: "Und deshalb würden wir uns wünschen, dass wir endlich mal eine Antwort auf unsere Frage bekommen, wieso die BoP so gemacht worden ist wie sie ist. Der Eindruck ist, dass wir an diesem Wochenende offensichtlich nicht gewinnen sollten."

Laut einem ADAC-Sprecher müsse sich das Team GT an den Fahrzeughersteller, in diesem Fall McLaren, wenden, der dann direkt mit dem SRO in Kontakt tritt. Zum Vorwurf der mangelnden Kommunikation hieß es: "Es gab am Freitag ein längeres Gespräch zwischen Herr Laber, zwei Vertretern des ADAC und einem Vertreter des Herstellers, ein weiterer Austausch folgte im Verlauf des Wochenendes."

Und weiter: "Herr Laber war von Freitag bis Sonntag Gast in der ADAC Hospitality und hätte weitere Gespräche jederzeit führen können. Erster Ansprechpartner für die von Herrn Laber angeführte Thematik ist auch die SRO und nicht der ADAC, darauf wurde Herr Laber mehrfach hingewiesen."