Halbzeit in der ADAC Formel Masters-Saison 2013: Alessio Picariello (19, Mücke Motorsport) führt die Gesamtwertung seit dem ersten Saisonrennen an. Nach vier Rennwochenenden zieht der Mücke-Motorsport-Pilot Bilanz und spricht über seine Zukunftspläne.

Zu Saisonbeginn zähltest du zu den Favoriten im ADAC Formel Masters. Hättest du erwartet, so erfolgreich zu sein?
Alessio Picariello:
Ich dachte nicht an konkrete Ziele oder eine Anzahl von Siegen. Ich versuche immer, mein Bestes zu geben und natürlich möchte ich so viele Rennen wie möglich gewinnen. Das war auch enorm wichtig, um mich als Rennfahrer weiter zu entwickeln.

Wo siehst du deinen Schlüssel zum Erfolg?
Alessio Picariello:
Ich fahre dieses Jahr mit Mücke Motorsport in einem sehr guten Team. 2013 ist im Vergleich zu den vergangenen Jahren auch mein ganzes Umfeld im Motorsport perfekt. In dieser Saison hatte ich erstmals die Gelegenheit, richtig zu testen - auch während des Jahres. Ich lerne jedes Mal, wenn ich ins Auto steige und mein Ingenieur und mein Mechaniker sind großartig. Es wird immer wieder gesagt, ich verfüge über sehr viel Erfahrung, aber tatsächlich lerne ich erst in diesem Jahr wirklich.

Wo siehst du persönlich die größten Verbesserungen?
Alessio Picariello:
Sicherlich in meinem Speed über eine Runde. In diesem Bereich habe ich 2013 deutliche Fortschritte gemacht. Im vergangenen Jahr passte mein Fahrstil nicht richtig zum Auto. Mein Ingenieur brachte mir die Grundlagen bei und nun arbeiten wir an den Feinheiten. Vor allem im Trockenen bemerke ich in dieser Saison deutliche Fortschritte.

Du zählst du den stärksten Regenfahrern im ADAC Formel Masters. Was ist dein Geheimnis?
Alessio Picariello:
Grundsätzlich gibt es kein wirkliches Geheimnis. Das Fahren im Regen, ist sehr schwierig zu erlernen, denn der Fahrer muss auf sein Gefühl vertrauen. Es ist entscheidend, sich im Auto sehr wohl zu fühlen. Ein Pilot darf niemals Angst davor haben, bei nassen Bedingungen ans Limit zu gehen, denn genau das ist im Regen der Schlüssel zum Erfolg. Das Auto muss rutschen. Es ist aber wichtig, den Kurs richtig einzuschätzen, denn manche Kurven sollte man aggressiv anfahren, in anderen Streckenbereichen gilt es, ruhig und beherrscht zu bleiben.

Du hast in dieser Saison bislang sieben Siege aus zwölf Rennen geholt. Welchen betrachtest du rückwirkend als den schönsten?
Alessio Picariello:
Jeder einzelne Sieg ist etwas Besonderes. Es ist sehr schwierig, einen speziellen herauszufiltern. Einer der besten war sicherlich der Auftakterfolg in Oschersleben. Es war das erste Rennen mit meinem neuen Team Mücke Motorsport und ein perfekter Einstand. Unbeschreiblich waren auch meine Heimsiege in Spa-Francorchamps. Besonders im zweiten Rennen, in dem ich als Vierter startete und mich sofort unter dem Jubel der Fans an die Spitze nach vorne kämpfte.

Du fährst seit dieser Saison für Mücke Motorsport. Wie ist die Atmosphäre im Team?
Alessio Picariello:
In diesem Team zu fahren, ist wirklich etwas ganz Besonderes. Hier wird sehr ernsthaft und zielstrebig gearbeitet. Gleichzeitig ist die Atmosphäre sehr gut. Wenn die Mechaniker abends die Autos für den nächsten Tag vorbereiten, herrscht eine lockere Stimmung und es wird viel gelacht. Ein wirklich großartiges Team.

Du führst seit dem ersten Rennen der Saison die Meisterschaft an. Hast du den Punktestand während der Rennen im Kopf und steckst auch einmal zurück?
Alessio Picariello:
In den ersten beiden Rennen am Wochenende gebe ich immer Vollgas. Im dritten Rennen beginne ich nun, ein bisschen an die Punkte zu denken, aber wenn ich fahre, will ich auch gewinnen. Im jetzigen Stadium der Meisterschaft ist es noch zu früh, um ständig die Tabelle im Hinterkopf zu haben. Gelernt habe ich aber, dass es manchmal besser ist, Vierter zu werden, anstatt im Kampf um Rang drei einen Ausfall zu riskieren.

Du klebst dir für jeden Sieg einen Pikachu-Aufkleber auf dein Auto. Wie kam es zu diesem Ritual?
Alessio Picariello:
Zu Kart-Zeiten spielten wir das Pokémon-Spiel und gaben uns gegenseitig Spitznamen. Da ich einen gelben Overall trug, bekam ich den Namen Pikachu - das blieb bis heute. Bei Mücke Motorsport werden seit der Zeit von Sebastian Vettel Smileys für jeden Sieg auf die Autos geklebt. Dieser Brauch gefiel meinem Mechaniker allerdings nicht und wir sprachen über andere Möglichkeiten. So entstand die originelle und lustige Idee.

Hast du schon eine Vorstellung, wohin dein Weg im kommenden Jahr führt?
Alessio Picariello:
Mein Wunsch wäre die Teilnahme an der Formel 3 Europameisterschaft mit Mücke Motorsport. Es gab bereits erste Gespräche mit Peter Mücke, aber er erklärte mir, ich solle meinen Fokus zunächst auf diese Saison richten. Wenn die Ergebnisse stimmen, werden wir weitersehen. Der Aufstieg in eine derartige Serie ist auch immer eine Frage des Budgets, aber die Formel 3 Europameisterschaft wäre eine gute und auch realistische Möglichkeit.

Wo siehst du auf lange Sicht deine Zukunft im Motorsport?
Alessio Picariello:
Ganz klar in der Formel 1 - das ist mein großer Traum. Ich bin aber realistisch und weiß, dass es ein schwieriger Weg ist. Zunächst sah es so aus, als wäre es 2013 unmöglich, für Mücke Motorsport zu fahren, aber ich habe es geschafft. Seither weiß ich, dass nichts unmöglich ist. Mein Ziel ist die Formel 1 und diesem Ziel bleibe ich auch treu. Wenn ich eines Tages erkenne, dass mir der Weg versperrt bleiben wird, gibt es sicherlich andere spannende Alternativen im Motorsport.