Im Moment seines größten Sieges wurde auch der sonst so kontrollierte und coole Juri Vips emotional. "Das ist unglaublich, ein sensationelles Gefühl. Die ganze harte Arbeit der vergangenen Wochen und Monate hat sich endlich ausgezahlt. Ich bin überglücklich", sagte der neue Champion der ADAC Formel 4 und fügte im Überschwung der Gefühle lächelnd zu: "Vielleicht tanze ich bei der Meisterfeier sogar eine Runde."

Verständlich wäre es in jedem Fall. Der Este, der für das italienische Prema Powerteam fährt, hatte im letzten Saisonrennen wieder einmal seine Nervenstärke bewiesen. Obwohl sein Teamkollege und Meisterschaftskonkurrent Marcus Armstrong (17, Neuseeland) alles versuchte und immer wieder attackierte, rettete Vips seinen knappen Vorsprung bis ins Ziel.

Am Ende wurde Vips im letzten Rennen Dritter hinter seinem Teamkollegen Armstrong und Premieren-Sieger Artem Petrov (17, Russland, Van Amersfoort Racing). Dies genügte, um den Verfolger auf Distanz zu halten. Ganze 4,5 Punkte trennten den neuen Meister letztlich von seinem Verfolger - eine knappere Meisterschaftsentscheidung hat es in der Geschichte der ADAC Formel 4 noch nicht gegeben.

"Wir haben einen starken Champion in dieser so starken Serie", sagte Vips' Teamchef Angelo Rosin. Auch die in der Meisterschaft knapp geschlagenen Marcus Armstrong und Felipe Drugovich (17, Brasilien, Van Amersfoort Racing) gratulierten dem neuen Champion.

Juri Vips feierte in diesem Jahr zwei Siege und damit weniger als seine Konkurrenten Armstrong (drei) und Drugovich (sieben). Auch seine Meister-Vorgänger Marvin Dienst (21, Lampertsheim) und Joey Mawson (21, Australien, Van Amersfoort Racing) hatten 2015 und 2016 deutlich mehr Erfolge geholt. Doch in Sachen Konstanz können sie Vips nicht das Wasser reichen. Nur in einem der 21 Saisonrennen blieb Juri Vips ohne Punkte - dies war in der Geschichte der ADAC Formel 4 noch keinem anderen Fahrer gelungen.

Während die Konkurrenz immer wieder zu viel riskierte und somit wichtige Punkte verlor, setzte Vips auf Kontrolle. Wieso ein Risiko eingehen, wenn jeder Platz in den Top Ten Zählbares bringt? "Fehler sind teuer. Das Feld und insbesondere die Spitze sind einfach viel zu eng zusammen", hatte der Este in den vergangenen Tagen immer wieder gesagt - und letztlich Recht behalten.

Vips war bereits im vergangenen Jahr in der ADAC Formel 4 an der Seite von Vizemeister Mick Schumacher (18, Deutschland) für Prema gefahren, damals hatte der Este als Zweiter der Rookiewertung großen Anteil am Teamtitel der Italiener. Vor seinem ersten Formel-Jahr war Vips ein erfolgreicher Kartpilot, der zahlreiche Titel in seiner Heimat und auch gegen internationale Konkurrenz holte. Auch wenn Vips mal nicht im Rennwagen sitzt, steht er auf Action: Fußball, Skifahren oder Laufen - Stillstand kennt der neue Champion nicht.

Wohin der Weg des Esten nun führt, ist noch völlig offen, und auch Juri Vips wollte zunächst den großen Erfolg genießen. "Erst einmal feiern wir das ausgelassen", sagte der 17-Jährige: "Und dann schauen wir weiter. Es gibt viele Optionen."