Angespannte Körper rauf und runter in der Boxengasse. Menschen starren gebannt auf die Bildschirme. Andere drehen sich weg, oder halten sich die Augen zu. Es waren die letzten Minuten eines Rennens, das zuvor bereits mehr als 23 Stunden lief. Die entscheidenden Minuten. Die Minuten, die den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage machten. Die letzten Minuten des 24h-Rennens auf dem Nürburgring 2017.

Nach 30 Grad und Sonnenschein wendete sich das Blatt innerhalb der letzten beiden Runden. Immer mehr häuften sich die Regenmeldungen und das Chaos nahm seinen Lauf. "Es war verrückt. Ich sollte die letzten beiden Stints fahren. Wenn du 23 Stunden und 40 Minuten Sonnenschein und Trockenheit hattest, dann ist Regen das Letzte, das du im Kampf um das Podium brauchst", erklärte Rowe Racing-Pilot Nick Catsburg im Interview mit Motorsport-Magazin.com. Der Niederländer hatte den BMW M6 GT3 auf Rang zwei übernommen und sollte ihn auf der Schlussetappe nur sicher auf diesem Platz ins Ziel bringen.

Rowe Racing überquerte die Ziellinie auf Rang zwei, Foto: 24h Media
Rowe Racing überquerte die Ziellinie auf Rang zwei, Foto: 24h Media

Aus der Sicht des Teams war Rang drei bereits ein gefühlter Sieg, bis zwei Stunden vor Rennende der Führende Land-Audi mit Problemen einen zusätzlichen Stopp einlegen musste und sie so vorbeigehen konnten. Alles schien sicher - so sicher wie etwas auf der Nordschleife eben sein kann. "Und dann passierte diese verrückte Schlussphase", erinnert sich Catsburg. "Zunächst dachte ich, es regnet nur in zwei Kurven und ich kriege das auf Slicks hin. Und plötzlich stand die ganze Strecke unter Wasser. Das war wirklich die verrückteste Runde, die ich je gefahren habe. Ich bin zwischen zehn und 20 km/h gefahren und musste überall Autos ausweichen, von der Strecke runterfahren und hatte selbst Aquaplaning."

Jubel bei der #98

Der Niederländer schaffte es zur Begeisterung seiner Teamkollegen Markus Palttala, Alexander Sims und Richard Westbrook an die Box zum Wechsel auf Regenreifen. Danach schlug die Stunde von Rowe Racing. "Auf Regenreifen hatten wir mehr Grip als alle anderen. Ich habe mir Platz zwei von einem der Audis geholt und wenn wir noch eine Runde mehr gehabt hätten, wäre vielleicht sogar noch der Sieg möglich gewesen", erklärte Catsburg. Als Rang zwei schließlich sicher war, brachen alle Dämme. "Wenn du über die Ziellinie fährst und dann am Funk die Emotionen der Leute aus dem Team hörst, wirst du selbst auch etwas emotional."

Riesige Freude bei Rowe Racing, Foto: 24h Nürburgring
Riesige Freude bei Rowe Racing, Foto: 24h Nürburgring

Diese Emotionen brachen auch aus seinen Teamkollegen heraus, die gespannt die letzten Minuten auf den Monitoren in der Box verfolgt hatten. Palttala litt in der Box mit und bangte um das Top-Ergebnis für Rowe Racing. "Es war schwierig anzusehen. Gleichzeitig waren wir alle froh, nicht im Auto zu sein. Es ist so hart, wenn es so nass ist und du mit Slicks da draußen im Kampf ums Podium oder sogar den Sieg unterwegs bist", schilderte der Finne.

In gewissen Momenten glaubte das Team sogar an den Sieg. Doch auch Rang zwei - die erste Podiumsplatzierung für BMW beim 24h-Rennen auf dem Nürburgring seit 2015 - war für die Mannschaft von Rowe Racing wie ein Sieg. "Es heißt immer, der Zweite ist der erste Verlierer, aber für uns ist es wie ein Sieg. Wir haben uns auf Platz 21 qualifiziert und jeder hatte mit den Reifen und den Bedingungen zu kämpfen. Ich denke, man muss einfach stolz sein, wenn man es auf das Podium geschafft hat."

Unauffällig währt am längsten

Über das gesamte Rennen hatte sich der Rowe Racing BMW aus allen Scharmützeln herausgehalten und war ohne großes Aufsehen Stück für Stück nach vorne gefahren. "Das Team hat wirklich perfekt gearbeitet. Jede einzelne Entscheidung, die sie getroffen haben, war einfach perfekt. Ich muss mich wirklich bei Ihnen bedanken. Sie haben uns immer im Spiel gehalten. Es war einfach ein unglaubliches Rennen", jubelte Palttala.