Der Nürburgring hat schon für so einige Wetter-Kapriolen gesorgt, doch beim diesjährigen 24-Stunden-Rennen erlebten selbst die alten Nordschleifen-Füchse etwas zuvor nie Dagewesenes: Hagel-Horror in der Eifel! Rot! Rennen abgebrochen und Unfälle am laufenden Band. Nur gut eine Stunde nach dem Start ins 44. 24-Stunden-Rennen ging gar nichts mehr, als plötzlich ein Hagelschauer den Rennbetrieb komplett lahmlegte. Das Rennen musste für mehrere Stunden unterbrochen werden.

Vor allem im Bereich Aremberg sorgte der Hagelschauer für pures Chaos. Die auf Slick bereiften Rennautos verloren völlig die Kontrolle, dabei erwischte es sogar einige der GT3-Autos. Martin Tomczyk saß zu diesem Zeitpunkt am Steuer seines BMW M6 - und kam den Berg nicht mehr hoch, wie er der verblüfften Box am Funk mitteilen musste. "Ich bin die Fuchsröhre nicht hochgekommen, da war nur Hagel und Eis", sagte der DTM-Pilot zu Motorsport-Magazin.com. "Da ging nichts mehr, ich kam nicht mal mehr den Berg hoch. Ich hab alles ausgeschaltet und gewartet, bis ich hochgezogen werde."

Marquardt: Und dann sowas...

Als BMW Motorsport Direktor Jens Marquardt die Meldung seines Piloten am Kommandostand hörte, fiel er kurzzeitig vom Glauben ab. "Die Eifel hat immer noch was in petto. Wenn man denkt, man hat schon alles gesehen, dann kommt sowas. Ende Mai hier Hagel: In den Wäldern sah es aus wie auf der Ski-Piste! Echt Wahnsinn." Die Entscheidung der Rennleitung, das Rennen mit roten Flaggen zu unterbrechen, hielt Marquardt für die absolut richtige Entscheidung.

Schlechtes Wetter war in der Eifel angesagt, doch der Hagel überraschte selbst die erfahrensten unter den Piloten. Tom Coronel, der in seiner Karriere schon so einiges erlebt hat, im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com: "Wir konnten Schneemänner bauen! Unglaublich. Ich kam am Schwedenkreuz an, als mich mein Freund Jap van Lagen außen überholte. Er krachte dann recht hart in die Streckenbegrenzung und von diesem Moment an bin ich nur noch gecruised. Die Hagelkörner hatten einen Durchmesser von mehreren Zentimetern. Ich stand am Hügel in der Fuchsröhre, aber ich kam nicht nach oben."

Asch: Sowas noch nie erlebt!

Zunächst schafften es zahlreiche Autos überhaupt nicht zurück an die Box. Fast das halbe Starterfeld war stecken geblieben. Szenen, die man so selbst am Nürburgring zuvor noch nicht gesehen hatte. "Ich habe in meiner langen Zeit im Rennsport so etwas noch nicht erlebt", meinte Roland Asch, dessen Sohn Sebastian im Mercedes-AMG GT3 startet, gegenüber Motorsport-Magazin.com "Als ich die Autos der Reihe nach rausrutschen sah, verstand ich zuerst überhaupt nicht, was da los ist. Irgendwann habe ich realisiert, dass alles voller Hagel war. Ich habe ohnehin Respekt vor der Nordschleife, aber in diesen Bedingungen ist es unglaublich."

Luca Ludwig war im Zakspeed-Mercedes unterwegs, als der Hagel über das Feld hereinbrach. Er konnte den GT3-Boliden ohne Schäden durch das Chaos führen. "Es war einfach nur spektakulär", sagte er zu Motorsport-Magazin.com. "Ich wurde bereits am Funk gewarnt, dass durch den Hagel die Strecke spiegelglatt ist. Entsprechend bin ich Schritttempo gefahren. Bereits die Runde zuvor war es schon leicht schmierig, aber mehr als Schritttempo war auch da schon nicht mehr drin."

Die meisten Favoriten-Autos kamen mehr oder weniger unbeschadet durch das Wetter-Chaos. Stattdessen erwischte es vor allem die kleineren Teams, die wie an der Perlenschnur abflogen und im Bereich Aremberg in die Leitplanken knallten. "Mir tun vor allem die ganzen kleineren Autos leid, die abgeflogen sind", sagte BMW-Pilot Philipp Eng. "Als Fahrer machst du da gar nichts. Du fährst auf Slicks in diese Regenwand rein und bist nur noch Passagier."

Kein Fahrer verletzt

Laut Rennleitung wurde zumindest keiner der Fahrer verletzt. Dafür Blechschäden am laufenden Band, die während der eineinhalbstündigen Pause zusammengeflickt werden mussten. "Das war das absolute Chaos und tierisches Aquaplaning", sagte Pole-Setter Maro Engel im GT3-Mercedes. "Ich konnte nicht schneller als 40, 60 km/h fahren. Ich habe die Leiplanke leicht touchiert, aber es gab anscheinend keinen größeren Schaden. Wir haben wirklich Glück gehabt." Im Reglement ist festgelegt, dass es bei roter Flagge keinen Parc Ferme gibt. Die Teams dürfen also an den Autos arbeiten.

Auch in der Rennleitung war die Hölle los - innerhalb kürzester Zeit musste die Entscheidung getroffen werden, das Rennen abzubrechen. Die meisten Fahrer empfanden dieses Vorgehen als richtig. "In der Race Control herrscht in so einem Moment Chaos am Funk", sagte Werner Koch aus der Race Control zu Motorsport-Magazin.com. "Jeder schreit gleichzeitig und es geht darum, den Überblick zu behalten und die richtigen Schritte einzuleiten."

Der geplante Neustart soll um 19:20 Uhr erfolgen mit der üblichen Einführungsrunde. Die Startaufstellung in drei Gruppen erfolgt nach dem Ergebnis zur vierten Runde. Immer aktuelle Infos aus der Eifel im Live-Ticker von Motorsport-Magazin.com