24h Le Mans 2020: Wir fliegen mit dem Goodyear Blimp!: (10:29 Min.)

Dieses Spektakel wollte sich selbst Monsieur Jean Todt nicht entgehen lassen. Während am Samstagabend 59 Boliden beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans ihre Runden drehten, beobachtete der Präsident des Weltmotorsportverbandes FIA das geschäftige Treiben auf einem Feld rund fünf Kilometer entfernt vom Circuit de la Sarthe. Und sah mit großen Augen, wie ein 75 Meter langes, 19,5 Meter breites und 17,4 Meter hohes Luftschiff zum Landeflug ansetzte.

Es war ein majestätischer Anblick, als der legendäre Goodyear Blimp sanft auf dem Gras aufsetzte und von Mitarbeitern am Boden mit Gewichten arretiert wurde, um die nächste Schar an prominenten Gästen und Medienvertretern, darunter Motorsport-Magazin.com, an Bord willkommen zu heißen.

Die Rückkehr des Blimp nach Europa in diesem Jahr und damit den ersten Einsatz bei einer europäischen Motorsportveranstaltung nach 35 Jahren wollte sich am Rande des 24-Rennens in Frankreich kaum jemand entgehen lassen. Ob McLaren-Boss Zak Brown oder der langjährige Audi-Motorsportchef Dr. Wolfgang Ullrich, sie alle füllten ihre Handys und sozialen Netzwerke mit haufenweise Bildern, die Le Mans aus einer einzigartigen Perspektive zeigten: aus 300 Metern Höhe über der Rennstrecke schwebend.

Der Goodyear Blimp steht zum Abflug bereit, Foto: Motorsport-Magazin.com
Der Goodyear Blimp steht zum Abflug bereit, Foto: Motorsport-Magazin.com

Zuschauer an den Bildschirmen - wegen Corona durften zum ersten Mal in seiner 88-jährigen Geschichte keine Fans nach Le Mans reisen - konnten ebenfalls am Spektakel in der Luft teilhaben. So war der Goodyear Blimp mehrfach in den Fernsehübertragungen zu sehen und unterstützte das größte Rennen der Welt mit eigens angefertigten TV-Bildern mittels einer Hightech-Kamera am Rumpf des Luftschiffes.

Mit den Blimp-Flügen sorgte Reifenhersteller Goodyear nicht nur für das mit Abstand größte Spektakel abseits der Rennstrecke, sondern feierte gleichzeitig seine Rückkehr in den europäischen Motorsport. Beim diesjährigen 24-Stunden-Rennen von Le Mans stattete der Reifenlieferant fünf Teams aus der stark besetzen LMP2-Kategorie mit seinen Produkten aus und bejubelte einen doppelten Podesterfolg in der Klasse durch die Teams JOTA und Panis Racing.

Fünf LMP2-Teams waren in Le Mans mit Goodyear-Reifen unterwegs, Foto: Motorsport-Magazin.com
Fünf LMP2-Teams waren in Le Mans mit Goodyear-Reifen unterwegs, Foto: Motorsport-Magazin.com

"Unser Fokus lag an diesem Wochenende nicht nur auf der Strecke, sondern auch im Himmel direkt darüber", sagte Ben Crawley, Director Motorsport EMEA, Goodyear. "Der erste Auftritt des Goodyear Blimp seit den 80er-Jahren bei einem Rennen in Europa war für uns alle ein großartiges Ereignis und gleichzeitig ein riesiger Erfolg."

Der erste Einsatz von Goodyear in Le Mans seit 2006 zu Land und Luft bildete einen Vorgeschmack auf weitere Großprojekte im Motorsport. Ab der kommenden Saison stattet Goodyear unter anderem in der Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC sowie der European Le Mans Series (ELMS) alle rund 600 PS starken LMP2-Fahrzeuge exklusiv mit Reifen aus.

Auf eine ähnliche Leistung bringt es auch der Blimp. Das größte halbstarre Luftschiff der Welt wird von drei Motoren mit jeweils rund 200 PS antrieben. Allerdings bringt der Blimp diese Kraft nicht auf die Straße, sondern in die Luft: In ihm werden die PS über ein Getriebe auf die Propeller übertragen, sodass er sich in der Luft schwebend um die eigene Achse drehen kann.

Majestätischer Anblick: der 75 Meter lange Goodyear Blimp, Foto: Motorsport-Magazin.com
Majestätischer Anblick: der 75 Meter lange Goodyear Blimp, Foto: Motorsport-Magazin.com

Selbst Veteranen der Luftfahrt zeigten sich beeindruckt von der Kulisse, mit dem voluminösen Blimp über der 13 Kilometer langen, semipermanenten Rennstrecke zu schweben. "Ein einmaliges Erlebnis und man hört sogar hier oben die Autos fahren", sagte Fritz Günther, Chefpilot der Deutschen Zeppelin-Reederei, während eines Fluges mit Motorsport-Magazin.com. "So etwas erlebt man nicht alle Tage und für uns ist das Größte, wenn die Gäste mit einem Lächeln im Gesicht aussteigen."

Daran dürfte es hinter den Masken, die die pro Flug je sechs statt der üblichen zwölf Gäste wegen der Hygienemaßnahmen tragen mussten, nicht gemangelt haben. Schließlich drehte der Blimp zuletzt von 1972 bis 1986 seine Runden in Europa, unter anderem über dem Formel-1-Grand-Prix auf dem Nürburgring, bei den French Open oder auch bei Hochzeiten des britischen Königshauses.

Wer in den vergangenen Jahren dieses Flugerlebnis der anderen Art erleben wollte, musste in die USA reisen. In den Vereinigten Staaten sind drei baugleiche Blimps im Einsatz und sorgen bei NASCAR-Rennen, NBA-Spielen oder großen Golfturnieren für großes Staunen und offene Münder.

Einmalige Perspektive: Le Mans aus 300 Metern Höhe, Foto: Motorsport-Magazin.com
Einmalige Perspektive: Le Mans aus 300 Metern Höhe, Foto: Motorsport-Magazin.com

"Der Blimp ist für uns eine Ikone im Motorsport", berichtete uns in Le Mans Mathias Kipp, Goodyear Racing EMEA Sales Manager. Der frühere Teilnehmer bei 24-Stunden-Motorradrennen war beim diesjährigen 24h-Rennen mit einem Team aus rund 40 Mitarbeitern und 1.300 Reifen im Gepäck vor Ort, um die LMP2-Teams zu unterstützen.

Mathias Kipp: "Für Goodyear war es jetzt der richtige Zeitpunkt, nach Europa zurückzukehren. Mit dem ACO hatten wir auch Gespräche über ein Engagement in der neuen Hypercar-Klasse, aber die LMP2-Kategorie bildet die perfekte Plattform für unsere Botschaft. Wir möchten den Fokus auf Nachhaltigkeit und Langlebigkeit richten."

Bei den 24h Le Mans war der Blimp quasi omnipräsent, Foto: Motorsport-Magazin.com
Bei den 24h Le Mans war der Blimp quasi omnipräsent, Foto: Motorsport-Magazin.com

Unterdessen bestritt der Goodyear Blimp mit einem Gesamtvolumen von 8.425 Kubikmeter und einer Reichweite von bis zu 1.000 Kilometern sein eigenes Langstreckenrennen - wobei die 'Rundenzeiten' eine untergeordnete Rolle für die Crew spielten.

Nach dem Zieleinlauf in Frankreich machte sich das Luftschiff auf in Richtung Eifel, wo nur eine Woche nach Le Mans mit dem Klassiker auf dem Nürburgring ein weiteres 24-Stunden-Rennen auf dem Programm stand. Ein Drittel des Starterfeldes der rund 100 Autos und alle Boliden des Tourenwagen-Weltcup im Rahmenprogramm fahren mit Reifen von Goodyear.