Da fiel auch dem erfahrenen Haudegen Pascal Vasselon nichts mehr ein. "Mir gehen die Wörter aus, wenn ich mit den Fahrern der #7 spreche", zuckte Toyotas Technikdirektor verbal mit den Schultern. Zum dritten Mal in Folge bei den 24 Stunden von Le Mans zogen Kamui Kobayashi, Jose Maria Lopez und Mike Conway den Kürzeren im Duell mit dem Schwester-TS050.

Nach dem Schluss-Drama und dem verlorenen Sieg 2019, fiel die Vorentscheidung diesmal schon zur Rennhalbzeit. Pole-Setter Kobayashi musste den #7 Toyota in Führung liegend nachts um 02:30 Uhr an der Box abstellen, weil ein Defekt am Turbolader zu einem Leistungsverlust geführt hatte. Die Reparatur warf das Pechvogel-Trio um sieben Runden zurück.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte alles auf einen Sieg hingedeutet, am Ende blieb nur der hart erkämpfte dritte Platz. "Das #7 Auto war auf jeden Fall ein bisschen schneller als die #7", bestätigte Vasselon. "Zweimal in Folge hätten sie den Sieg verdient. Dann passierte etwas, das nicht in ihren Händen lag. Es tut mir sehr leid für die Fahrer der #7."

Kobayashi flüchtete sich in Galgenhumor, als er mit dem Fakt konfrontiert wurde, zum dritten Mal in Folge nicht als Erster die Ziellinie in Le Mans überquert zu haben." Wenn ich so etwas höre, dann hätten wir Zweiter werden sollen, um die Tradition fortzuführen", war dem früheren Formel-1-Fahrer der Frust deutlich anzumerken. "Diesmal war es eine Überraschung. Wir waren immer schnell, aber Le Mans kann hart sein."

Le Mans mag die #7 nicht

Es heißt, dass sich Le Mans seine Sieger selbst aussucht. Kobayashi und seine Teamkollegen Lopez und Conway scheinen ganz weit unten auf dieser Kandidatenliste zu stehen. Bei der 88. Auflage des Klassikers spielte das Schicksal sogar ein ganz böses Spiel mit der leidgeplagten Nummer #7 und machte zunächst große Hoffnungen.

Das Schwesterauto um Sebastien Buemi, Kazuki Nakajima und Alonso-Nachfolger Brendon Hartley kam ebenfalls nicht unbeschadet durch das anstrengende Rennen, das zum erst zweiten Mal in seiner Geschichte im September eines Jahres ausgetragen wurde. Im ersten Rennviertel wurde der Hybrid zunächst durch einen Bremsplatten zurückgeworfen und verlor dann auch noch zehn Minuten an der Box, weil das Team einen defekten Bremsschacht austauschen musste.

24h Le Mans 2020: Die Highlights des Rennens (10:02 Min.)

Buemi: Als ob alles verloren ist

"Nach dem Start hatten wir einen Bremsplatten, eine Slow Zone lief nicht für uns und dann noch das Problem mit der Bremse", resümierte der Schweizer Buemi. "Und plötzlich hast du das Gefühl, dass alles verloren ist. Aber in Le Mans ist das einfach nie der Fall." Aus einer Runde Rückstand auf die #7 wurden beim Zieleinlauf nach 387 Umläufen sechs Runden Vorsprung...

Angesichts der aufgetretenen Probleme ging es für Buemi/Nakajima/Hartley am Ende nur darum, den dritten Sieg in Folge für Toyota einzutüten und die überraschend schnellen, jedoch nicht siegfähigen Rebellions in Schach zu halten. Alles andere als das Triple hätte für die stolzen Japaner zum Abschied der LMP1-Ära in Le Mans eine Schande bedeutet.

Nakajima: Alles für den Toyota-Sieg

"Unser Rennen war ein Ab und Auf", sagte Nakajima, der erfolgreichste Japaner in der Geschichte des 24h-Rennens. "Die #7 hat tolle Arbeit geleistet, aber irgendwie haben wir etwas mehr Glück als das andere Auto. Diesmal fühlte sich das Rennen für uns sehr lang an, denn nach den Problemen der #7 mussten wir alles dafür tun, dass Toyota den Sieg nach Hause holt."

Für Drama sorgte Rebellion, das sich bis eine Stunde vor dem Rennende auf bestem Wege zu einem Doppelpodium befand. Doch der #3 R13-Oreca des Schweizer Privat-Rennstalls um Romain Dumas, Louis Deletraz und Nathanael Berthon erlitt in der Schlussphase ein technisches Problem und verlor die dritte Position an den Pech-Toyota.

#7-Toyota von Problem zu Problem

Dieser wäre aus eigener Kraft wohl kaum in der Lage gewesen, noch einmal entscheidend ins Rennen einzugreifen. Ein beschädigter Unterboden, ausgelöst durch ein aufgesammeltes Karbon-Teil auf der Strecke, kostete die #7 aerodynamische Performance und damit Rundenzeit. "Es ist frustrierend, so schnell zu sein und dann doch nicht zu gewinnen", meinte der mehrfache Tourenwagen-Weltmeister Lopez.

Dass Kobayashi, Lopez und Conway in diesem Zuge auch die Führung in der WEC-Gesamtwertung verloren und ein Rennen vor Schluss - das Finale steigt in Bahrain - um den Titel bangen müssen, verbesserte die Gesamtsituation nicht unbedingt. Conway: "Das verändert die Ausgangslage ganz gewaltig. So haben wir zwei Schläge innerhalb eines Rennens kassiert."