Zweieinhalb Stunden vor dem Rennstart zu den 24 Stunden von Le Mans hatte Bruno Spengler im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com noch die Marschrichtung vorgegeben: "Unfallfrei durchkommen und keine Pannen am Auto haben." Sechseinhalb Stunden nach dem Start zum 88. 24h-Rennen der Geschichte war die Vorgabe schon wieder dahin.

In den Abendstunden verunfallte Spengler mit seinem byKolles-LMP1 in der Dunlop-Kurve auf dem 13 Kilometer langen Highspeed-Kurs. Während der Fahrt riss plötzlich der Heckflügel seines Prototypen ab, Spengler verlor die Kontrolle und schlug in der Streckenbegrenzung ein. Immerhin konnte der DTM-Champion von 2012 den Boliden aus eigener Kraft zurück an die Box des Teams steuern.

Der unverschuldete Unfall war ein weiteres Ärgernis für ByKolles, die spät für das diesjährige 24-Stunden-Rennen nachrückten und seit dem Beginn der Rennwoche mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatten - und fehlender Pace. Nach nur sechs Stunden im Rennen hatte der Enso-CLM mit der Startnummer #4 bereits zehn Runden Rückstand auf das führende Toyota-Duo.

"Es wird ein schwieriges Rennen", hatte Spengler bereits vorhergesagt. Dem Wagen fehlten schon in den Trainings bis zu acht Sekunden auf die starke LMP1-Konkurrenz bestehend aus Toyota und Rebellion. Spengler, der dieses Jahr sein Debüt bei den 24 Stunden von Le Mans gibt: "Die Performance fehlt, auch zu Rebellion ist der Abstand viel zu groß. Ich hatte nicht erwartet, dass wir um den Sieg fahren. Dass Rebellion aber so schnell ist, kam überraschend."

Spenglers Unfall löste die zweite Safety-Car-Phase des Rennens aus. Ansonsten verlief das erste Viertel des 24h-Rennens ohne größere Zwischenfälle. Die überall im Fahrerlager grassierende Sorge vor übermotivierten Fahrern in der GT-Amateur-Klasse bewahrheitete sich zumindest bei trockenen Bedingungen und unter Tageslicht nicht.

Kurz vor dem Rennstart traf sich Bruno Spengler noch mit Motorsport-Magazin.com, Foto: Motorsport-Magazin.com
Kurz vor dem Rennstart traf sich Bruno Spengler noch mit Motorsport-Magazin.com, Foto: Motorsport-Magazin.com

Spengler hatte sich sein Debüt beim einst bedeutsamsten Rennen der Welt sicherlich anders vorgestellt. Dass Le Mans für den Franko-Kanadier eine Herausforderung werden würde - noch dazu auf Anhieb in der Top-Kategorie - wusste er vorab: "Mir fehlt die Erfahrung, ich bin nur 20 Runden in den Trainings gefahren. Die ersten Runden waren beeindruckend. Die Geraden sind lang, kommen dir aber sehr kurz vor. Ich hatte Gänsehaut auf meiner ersten Runde."

An das Cockpit war Spengler über Umwege gelangt. Während der rennfreien Corona-Pause stand der DTM-Meister von 2012 vermehrt in Kontakt mit Teamchef Colin Kolles. Beide kennen sich aus Spenglers Zeit als Mercedes-Junior in der Formel 3 Euro Serie, wo er 2003 und 2004 an den Start ging und sich für ein DTM-Cockpit empfahl. "Le Mans hat sich aus dem Gespräch heraus ergeben und für BMW war es auch kein Problem", erklärte Spengler.

24h Le Mans 2020 - Zwischenstand nach 7/24 Stunden:

KlassePFahrerAuto#
LMP11.Conway / Kobayashi / LopezToyota7
2.Buemi / Nakajima / HartleyToyota8
3.Senna / Nato / MenezesRebellion-Oreca1
LMP21.Rusinov / Vergne / JensenG-Drive-Aurus26
2.Owen / Brundle / Van UitertUnited-Autosports-Oreca32
3.Davidson / da Costa / GonzalezJota-Oreca38
GTE-Pro1.Pier Guidi / Calado / SerraFerrari51
2.Martin / Lynn / TincknellAston Martin97
3.Rigon / Molina / BirdFerrari71
GTE-Am1.Dalla Lana / Gunn / FarfusAston Martin98
2.Yoluc / Eastwood / AdamTF-Aston90
3.Mastronardi / Cressoni / PicciniIron-Lynx-Ferrari75