Historischer Erfolg in der 25-jährigen Teamgeschichte von Project 1: Mit dem nachträglich zuerkannten Sieg beim legendären 24-Stunden-Rennen in Le Mans sicherte sich die Mannschaft aus Lohne in ihrer ersten FIA WEC-Saison den Titel in der LMGTE-Am-Klasse. Dank zweier Saisonsiege und insgesamt vier Podiumsplätzen ging für das Porsche-Team mit den Fahrern Jörg Bergmeister, Patrick Lindsey und Egidio Perfetti im Nordwesten Frankreichs ein Traum in Erfüllung.

"Mir fehlen die Worte. In der FIA WEC an den Start zu gehen und an den 24 Stunden von Le Mans teilzunehmen, war unser großes Ziel. Dieses haben wir erreicht und darüber hinaus in unserer Debütsaison den Titel geholt. Das ist einfach unglaublich", erklärte Teammanager Axel Funke voller Freude. "Die gesamte Mannschaft hat über die Saison hinweg einen hervorragenden Job gemacht und diesen Triumph dank ihres Kampfgeistes, ihrer harten Arbeit und ihrer Konstanz möglich gemacht."

Diese Eigenschaften bewiesen Bergmeister, Lindsey und Perfetti auch beim Finale der so genannten Super-Saison. Von Rang sechs arbeitete sich das Trio im Porsche 911 RSR, der eigens für den Saisonhöhepunkt in Le Mans im Art-Design unterwegs war, mit einem fehlerfreien Rennen Stunde um Stunde weiter nach vorne. Auch wenn einige Safety-Car-Phasen die Aufholjagd zeitweise erschwerten, war Perfetti dank seiner starken Leistung um Mitternacht bereits in den Top-3 unterwegs.

Aus einem engen Zweikampf ging der Norweger schlussendlich als Sieger hervor und schnappte sich in den frühen Morgenstunden die zweite Position. Diese verteidigten Lindsey und Bergmeister bis zum Schluss. Der Porsche-Werksfahrer brachte souverän den vierten Podestplatz der Saison ins Ziel - und lobte zunächst äußerst fair die Konkurrenz: "Sie haben auf jeden Fall verdient gewonnen. Wir sind trotzdem glücklich, immerhin haben wir die Meisterschaft geholt!"

Foto: Porsche AG
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Aber es sollte anders und noch besser kommen: Bei der obligatorischen technischen Nachuntersuchung der Topfahrzeuge stellte sich heraus, dass der vermeintlich siegreiche Ford nicht dem Reglement entsprach!

In den Regularien der GTE-Am-Kategorie ist eine Mindesttankzeit von 45 Sekunden vorgegeben. Tatsächlich betrug die durchschnittliche Tankzeit beim siegreichen Ford GT von Jeroen Bleekemolen, Felipe Frage und Ben Keating aber nur 44,4 Sekunden. Demzufolge multiplizierten die FIA-Sportkommissare die Differenz (0,6 Sekunden) mit den 23 Boxenstopps der Ford-Mannschaft sowie dem Faktor vier. Heraus kam dabei eine Zeitstrafe von 55,2 Sekunden.

Weil zudem noch die Tankkapazität um 0,1 Liter (96,1 statt 96,0) zu groß war, wurde das Keating-Team (#85) komplett aus der Wertung genommen. Teamchef Keating übernahm die volle Verantwortung für das Desaster, von dem auch die viertplatzierten Markenkollegen Sébastien Bourdais, Joe Hand und Dirk Müller in der LMGTE-Pro-Klasse betroffen waren. Auch in diesem Fall entsprach das Tankvolumen des Ford GT (#68) nicht dem Regelwerk. Neben dem Team Keating verzichtete auch das Ford Chip Ganassi Team USA auf einen möglichen Einspruch gegen die Entscheidungen der FIA-Stewards.

"Das ist ja so, als würde Ostern und Weihnachten auf einen Tag fallen", meinte Project-1-Geschäftsführer Hand-Bernd Kamps, als Motorsport-Magazin.com ihn mit der völlig überraschenden Entscheidung konfrontierte. "Ich habe meinen Jungs die sofortige Freigabe für ein Sonderbudget für Essen und Trinken erteilt. Wenn jetzt nicht gefeiert werden darf, wann dann."

Foto: Porsche AG
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Für Projekt-1-Prokurist Jörg Michaels, der am vergangenen Samstag seinen 55. Geburtstag an der Rennstrecke erlebte, war die "unerwartete" Erfolgsnachricht ein nachträglich sehr schönes Geschenk, "von dem wir erst in der Nacht erfahren haben".

Man sei schließlich nicht für das Reglement zuständig, sondern hätte sich voll und ganz auf den eigenen Job konzentriert, sagte Kamps. "Wir wären auch mit Platz zwei sehr zufrieden gewesen, denn der hat uns den WM-Titel beschert." Zudem erklärte Kamps, der sich als fairer Sportsmann einen guten Ruf erarbeitet hat, "Schadenfreude ist in diesem Fall nicht angebracht". Vielmehr würde man sich jetzt über die doppelte PR freuen. "Das ich doch das Schönste an der Sache."

Dank 38 weiterer WM-Punkte sicherte sich Project 1 mit dem #56 Porsche und insgesamt 151 Zählern den Sieg in der LMGTE-Am-Klasse der FIA Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC). Ein Meilenstein in der Historie des Teams - rund 13 Monate nach dem Premierenauftritt in Spa-Francorchamps.

"Als wir in Belgien letztes Jahr erstmals in der FIA WEC an den Start gingen, war es unser Ziel, den Titel zu gewinnen", so Kamps. "Dass wir dieses Ziel nun bereits im ersten Jahr erreicht haben, macht den Triumph umso großartiger. Vielen Dank an die gesamte Mannschaft, unsere Partner und Sponsoren, ohne die wir das nie geschafft hätten."

Für Project 1 ist die laufende Saison noch lange nicht beendet. Das nächste Rennen mit dem Porsche 911 RSR steht im Rahmen der ELMS in Barcelona (19. - 21. Juli) auf dem Programm. Zuvor geht das Team im Porsche Carrera Cup Deutschland auf dem Norisring (5. bis 7. Juli) an den Start.

Foto: Porsche AG
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Der Weg zum Le-Mans-Triumph und WM-Titel

Februar 2018: Der ACO gibt die Starterliste für die FIA WEC Supersaison bekannt. Erstmals mit dabei ist das Team Project 1 mit dem Porsche #56.

Mai 2018: Nach monatelanger Vorbereitung beginnt das Abenteuer mit dem Auftakt in Spa-Francorchamps. Trotz Anfangsschwierigkeiten sehen Jörg Bergmeister, Patrick Lindsey und Egidio Perfetti die Zielflagge.

Juni 2018: Mit der ersten Teilnahme an den 24 Stunden von Le Mans geht für den Rennstall aus Lohne in seinem 25. Jahr seit der Gründung ein Traum in Erfüllung.

August 2018: Zum ersten Mal steht Project 1 bei einem WM-Lauf auf dem Siegertreppchen. Im britischen Silverstone belegt das Trio nach starker Leistung Rang drei.

Oktober 2018: Auf das erste Podium folgt gleich der erste Sieg. In Fuji (Japan) sichert sichern sich Bergmeister und Co. den Debütsieg in der FIA WEC.

November 2019: Mit Platz zwei in Shanghai erzielt Project 1 nicht nur den dritten Podestplatz in Folge, sondern auch die Tabellenführung in der LMGTE-Am-Klasse.

März 2019: Ein weiterer Sieg - nicht auf der Rennstrecke, sondern gegen die Uhr. Beim Vortest für das Rennen in Sebring brennt der RSR ab. Das Team von Project 1 macht das Unmögliche möglich und bringt innerhalb weniger Tage ein neues Fahrzeug in die USA. Der Aufwand wird mit Rang drei belohnt.

Mai 2019: Platz fünf in Spa und damit weitere wichtige Punkte. Zum Finale in Le Mans reist das Team mit 23 Zählern Vorsprung an.

16. Juni 2019: Nach 24 Stunden überquert Jörg Bergmeister um 15:00 Uhr die Ziellinie auf dem zweiten Platz. Der Porsche-Werksfahrer macht damit die Sensation perfekt: Project 1 gewinnt auf Anhieb den Weltmeister-Titel in der FIA WEC (LMGTE-Am-Kategorie). Spät in der Nacht und nach einer Disqualifikation des vermeintlich siegreichen Ford wird die Mannschaft aus dem Landkreis Vechta nachträglich zum Klassensieger der 87. Auflage des berühmten 24h-Rennens in Le Mans. Das ist der größte Erfolg in der 25-jährigen Firmengeschichte.