Es wäre das Märchen vieler Fans und der Albtraum des ACO gewesen: Ein LMP2-Bolide profitiert von der Ausfallorgie der Königsklasse LMP1 und staubt in Le Mans, dem wichtigsten und prestigeträchtigsten Rennen des Jahres, den Sieg ab. Soweit kam es letztlich nicht, doch keine 90 Minuten vor Schluss führte der Oreca Gibson #38 von Jackie Chan DC Racing die 24 Stunden von Le Mans 2017 tatsächlich an. Doch es gab Anlass, vom ganz großen Coup zu träumen.

24h Le Mans 2017: Die Highlights des Rennens (10:23 Min.)

"Dieses Wochenende ist wirklich wie ein wahrgewordener Traum für uns gewesen", so Pilot Oliver Jarvis, der im Vorjahr im Audi R18 e-tron quattro noch als Dritter ins Ziel kam. "Aber es gab schon diesen Moment, an dem wir begonnen haben, von mehr als nur dem LMP2-Klassensieg zu träumen. Davon, dass es sogar ein Gesamtsieg werden könnte. Aber es sollte leider nicht sein."

In diese Lage kam das LMP2-Team von Jackie Chan allerdings nur, weil sämtliche LMP1-Boliden ausschieden oder durch technische Probleme in der Reihenfolge nach hinten durchgereicht wurden. So hatte man im Rennen die kuriose Situation, dass nach dem Ausfall des führenden Porsche gut dreieinhalb Stunden vor Schluss plötzlich der LMP2-Oreca #38 von Jackie Chan DC Racing das Rennen mit zwei Runden Vorsprung anführte. Dieses Polster sollte jedoch nicht reichen.

Oliver Jarvis vergleicht Jackie Chan DC Racing mit Audi

Denn neben der überlegenen Pace des besten Verfolgers (dem #2-Porsche, der mehrere Sekunden pro Runde gut machte), kam auch noch Pech dazu. Bei einem Boxenstopp etwas weniger als drei Stunden vor Schluss musste man die Heckverkleidung wechseln, wobei man eine Minute verlor. So spielte der Rennverlauf am Ende doch gegen Oliver Jarvis, Ho Pin Tung und Thomas Laurent, die sich allerdings auch über den Klassensieg freuen konnten.

Dabei erreichte die Mannschaft sogar Historisches. "Dass wir das erste chinesische Team und der erste chinesische Fahrer sind, die in Le Mans gewinnen, ist einfach phänomenal", strahlte Tung trotz des verpassten Gesamtsieges. Er blickt vor allem mit Stolz auf die gemeinsame Vergangenheit zurück: "Ich bin extrem stolz darauf, hier zu sein. Vor fünf Jahren haben David (Cheng, Co-Eigner des Teams, Anm. d. Red.) und ich diese Reise begonnen, als wir im Prinzip hier in Le Mans verkündet hatten, dass wir zusammen in die Asian Le Mans Series einsteigen würden."

Wie sehr die Mannschaft seitdem gewachsen ist, ist vor allem Ex-Audi-Pilot Jarvis aufgefallen: "Ich war so beeindruckt, als ich ins Team kam. Hier ist es wie bei Audi, nur dass alles eine Stufe kleiner ist." Kein Wunder also, dass auch dieses Team gemeinsam mit den LMP1-Herstellern Porsche und Toyota sinnbildlich für die dramatische 85. Ausgabe der 24 Stunden von Le Mans steht. Mit dem Traum vom Gesamtsieg inklusive.