Alex, wie siehst du vor den 24 Stunden von Le Mans das aktuelle Kräfteverhältnis in der LMP1-Klasse?
Alex Wurz: Es ist sehr spannend, weil niemand von den Herstellern weiß, ob man ohne Probleme durchkommt. Beim Testtag hier in Le Mans hat man zudem deutlich gesehen, dass alle LMP1-Boliden ganz knapp zusammen liegen. Ich gehe davon aus, dass keiner der LMP1-Hersteller ohne Probleme durchkommen wird. Falls es einem Auto gelingt, gewinnt derjenige das Rennen aber sicher.

Ist es für dich nachvollziehbar, dass Audi und Porsche nur noch je zwei Boliden an den Start bringen?
Alex Wurz: Die Geschichte von Le Mans hat gezeigt, dass drei Autos das Optimum sind. Allerdings kommen und gehen Hersteller ja auch und die Entscheidung von Audi und Porsche sehe ich nicht als eine sportliche, sondern eine finanzielle. Besser ein Auto weniger als einen Hersteller verlieren.

Die Boliden sind durch die komplexen Hybridsysteme mittlerweile auf einem extrem hohen technischen Niveau. Damit wird ein Engagement für Hersteller aber natürlich auch sehr teuer. Rechnet sich Le Mans überhaupt noch?
Alex Wurz: Ich finde es cool, dass sich die Offiziellen klar dafür ausgesprochen haben, das Testfeld für Extremtechnologie, die später auch in die Serienproduktion zurückfließt, zu sein. Keine Entwicklung hier kann also verrückt genug sein und man hat sich in vielen Bereichen bereits dramatisch verbessert. Unser alter V12-Diesel-Peugeot hat doppelt so viel Sprit und doppelt so viele Reifen verbraucht wie die aktuellen Autos. Die Rundenzeiten sind aber nach wie vor in etwa gleich geblieben.

Aber billiger ist die Sache dadurch sicher auch nicht geworden.
Alex Wurz: Natürlich stellt sich die Frage, ob dieser technische Aufwand den entsprechenden PR-Wert für den jeweiligen Hersteller einspielt. Aktuell sagen alle ganz klar: Ja, zu hundert Prozent. Sollte ein Engagement allerdings um weitere 30 bis 40 Prozent teurer werden, könnte es kritisch werden. So wird man auch keine Neueinsteiger werben können, daher muss sich die Serie klar zum Ziel setzen, Kosten und Ressourcen zu beschränken.

Zum ersten Mal seit Jahren nicht mehr als Fahrer dabei. Mit welchem Gefühl bist du in diesem Jahr nach Le Mans gekommen?
Alex Wurz: Relativ entspannt, weil ich noch immer die gleiche Aufregung wie jedes Jahr spüre, aber keinen Druck mehr habe. Endlich sehe ich diesen Event auch von der anderen Seite. Sehr interessant, was hier am Rande des Rennens alles abgeht.

Wie sehen deine Aufgaben an diesem Wochenende konkret aus, nachdem du nicht mehr selbst im Cockpit sitzt?
Alex Wurz: Ich habe eigentlich zwei Jobs hier: Zum Einen bin ich für Toyota als Sportlicher Berater tätig, zum Anderen bin ich auch Grand Marshall. Das ist ein repräsentativer Job, den immer ein ausgewählter ehemaliger Rennsieger macht. Dabei geht es hauptsächlich um Händeschütteln und Gespräche mit Politikern und anderen wichtigen Personen.