Nico Hülkenberg hat etwas geschafft, was zuvor schon lange keinem Fahrer mehr gelungen war. Der 27-Jährige gewann die 24 Stunden von Le Mans, während er gleichzeitig in der Formel 1 engagiert ist. Man muss einige Seiten in den Geschichtsbüchern zurückschlagen, um den letzten Fahrer zu finden, dem das gleiche Kunststück gelang. Es war im Jahr 1991, also vor 24 Jahren, als Johnny Herbert den Klassiker an der Sarthe gewann und gleichzeitig in der Königsklasse fuhr. Damals teilte er sich den Mazda mit seinem deutschen Teamkollegen Volker Weidler sowie dem Franzosen Bertrand Gachot.

Herbert bestritt in diesem denkwürdigen Jahr einige F1-Rennen für Lotus, während Gachot für das Team von Eddie Jordan fuhr. Weidler erlebte sein einziges Formel-1-Jahr 1989, als er an der Seite von Christian Danner für Rial an den Start ging, wenn auch mit mäßigem Erfolg. Nach dieser Erfahrung zog es Weidler weiter in die japanische Formel 3000, während er zudem seit 1987 in Le Mans fuhr. Schon 1990 war das Trio für Mazda in Le Mans gestartet, wegen technischer Probleme aber ausgefallen.

Der Mazda 787B aus dem Jahr 1991, Foto: Sutton
Der Mazda 787B aus dem Jahr 1991, Foto: Sutton

Das Wankel-Monster

"Die Sportwagen haben ihm besser gelegen als die Formel 1, wo er auch eine sehr kurze Karriere hatte", sagte Herbert mit Blick auf Weidler gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Mit Volker und Betrand Gachot bin ich damals dieses populäre, wundervoll lackierte Wankel-Monster gefahren. Wir sind an diesem Wochenende als Underdogs angekommen. Wir hatten nicht erwartet, eine ernsthafte Chance auf den Sieg zu haben."

Am Ende führte das Trio Herbert/Weidler/Gachot Mazda doch zum Gesamtsieg in Le Mans - es war bis heute der erste und einzige Sieg eines japanischen Herstellers beim franzwöscihen Langstrecken-Klassiker. Bei dem - wie es Herbert nannte - Wankel-Monster, handelte es sich um den Mazda 787B. Der 4-Rotor-Wankelmotor leistete rund 700 PS und sorgte für einen infernalischen Lärm. Bis zum heutigen Tag konnte nie wieder ein Auto mit Wankelmotor-Technik in Le Mans gewinnen.

Wankel-Prinzip und 700 PS: Das Mazda-Monster, Foto: Sutton
Wankel-Prinzip und 700 PS: Das Mazda-Monster, Foto: Sutton

Sprit sparend zum Sieg

Mazda war der Konkurrenz um Sauber Mercedes, Porsche und Peugeot eigentlich unterlegen. Der #55 787B mit Herbert/Weidler/Gachot qualifizierte sich für den 19. Startplatz. Von dort aus ging es für die Drei allerdings schnell nach vorn, nach zwei Stunden Renndauer fuhren sie bereits in den Top-10. "Vor dem Wochenende gab es noch eine kleine Änderung beim Benzin, aber nichts Großes", erinnerte sich Herbert zurück. "Deshalb war unser Verbrauch ein bisschen besser. Das Ziel war es aber immer, so viel Benzin wie möglich zu sparen."

Im Rennen zeigte sich allerdings zunächst, dass der Mazda mehr schluckt als erwartet. Also musste ein kleiner Trick herhalten, der auch heute noch Standard ist bei Langstreckenrennen. Herbert: "Wir haben gelernt, dass wir schneller sind, wenn wir ein paar Sekunden langsamer fahren. Es hieß also, so schnell wie möglich zu fahren und Benzin zu sparen. Wir mussten im Rennen lernen, wie wir Benzin sparen. Weil es ein Wankelmotor war, hatten wir keine Motorbremse. Am besten war es, 200 Meter vor der Kurve vom Gas zu gehen. Diese Technik hat uns so konkurrenzfähig wie die Jaguars gemacht."

Johnny H: Immer Spaß mit den Mazda-Girls, Foto: Sutton
Johnny H: Immer Spaß mit den Mazda-Girls, Foto: Sutton

Drama vor dem Zieleinlauf

Trotzdem war Mercedes schneller unterwegs, das Sauber-Mercedes-Trio Jean Louis Schlesser/Jochen Mass/Alain Ferté lag auf Siegkurs. "Am Ende des Rennens waren wir alle so nah beieinander und haben so viel Sprit gespart, dass wir fast Vollgas fahren konnten", sagte Herbert. "Nicht so sehr wie die Mercedes, denn die waren viel schneller. Wir waren ein oder zwei Runden hinter ihnen, aber wir waren noch da." Weniger als drei Stunden vor Rennende dann das Drama: Der Mercedes fiel einem Kühlungsproblem zum Opfer - Herbert/Weidler/Gachot übernahmen völlig unerwartet die Führung.

"Mercedes hatte ein technisches Problem, wodurch sie viel Zeit verloren haben", so Herbert. "Wir haben auch nur einmal die Bremsen gewechselt, obwohl wir zwei Wechsel erwartet hatten. Wir konnten uns während des Rennens anpassen. Ich bin die letzten dreieinhalb Stints gefahren. Wir haben das Rennen beendet, wir haben es gewonnen. Es war eine unglaubliche Erfahrung bei der Zieldurchfahrt im Auto zu sitzen. All die Leute, die auf der Strecke waren, all die Mechaniker, die auf das Auto gesprungen sind. Wir hatten japanische Mechaniker und für die war es brillant, weil Mazda der erste japanische Hersteller war, der die 24 Stunden gewonnen hat."

Das legendäre Podium 1991 - nur Herbert fehlte, Foto: Sutton
Das legendäre Podium 1991 - nur Herbert fehlte, Foto: Sutton

Krankenhaus statt Podium

Nur eine Kleinigkeit trübte Herberts größten Erfolg seiner Motorsportkarriere: Er verpasste damals die Podiumszeremonie. Während Weidler und Gachot den Sieg mit Champagner feierten, musste Herbert ins Krankenhaus. Grund: absolute Dehydrierung. "Ich weiß noch, dass es sehr heiß war, weil ich nicht genügend Flüssigkeit im Auto hatte", sagte Herbert. "Ich musste dann gleich ins Krankenhaus. Ich habe noch nicht überprüft, ob ich der einzige Fahrer bin, der Le Mans gewonnen hat, aber nicht auf dem Podium war..."