Noch haben es Nico Hülkenberg, Earl Bamber und Nick Tandy nicht realisiert: In ihrem erst zweiten gemeinsamen Autorennen holten sie für Porsche den 17. Gesamtsieg in Le Mans. Es ist erst das dritte Mal, dass Audi im 21. Jahrhundert an der Sarthe geschlagen wurde. "Ich bin sprachlos, mir fehlen die Worte", sagte Hülkenberg in die Mikrofone, nachdem er seinen 1000 PS starken Porsche 919 Hybrid in den Parc Ferme gefahren hatte. "Es ist gewaltig, hier im ersten Anlauf zu gewinnen. Ich kann mein Gefühle nicht in Worte fassen. Porsche ist zurück an der Weltspitze! Und das im nur zweiten Anlauf beim Comeback."

Der Formel-1-Pilot, der das Sportwagen-Engagement als zweites Standbein betreibt, ist im Rennfahrer-Himmel angekommen. Seit 2009, als er das finale GP2-Hauptrennen in Portimao gewann, hatte er nicht mehr auf einem Podium gestanden, die Formel 1 gönnt ihm kein Top-Cockpit, in Le Mans gelang ihm im ersten Anlauf, was andere in einer ganzen Karriere nicht schaffen. "Ich bin froh und auch erleichtert. Ich freue mich für das ganze Team und hätte nie damit gerechnet, in meinem ersten Rennen hier zu gewinnen", fügte er hinzu.

Schließlich zollte er auch noch seinen Gegnern Respekt: "Die Audi waren sehr konkurrenzfähig, wir mussten uns sehr anstrengen." Doch letztlich gelang es dem ungewöhnlichen deutsch-britisch-neuseeländischen Trio, mit einer unglaublichen Fahrt vor allem in der Nacht den Seriensiegern die Butter vom Brot zu nehmen; als sich der R18 e-tron quattro von Marcel Fässler, Andre Lotterer und Benoit Treluyer am Sonntagmorgen im Bereich seiner Motorabdeckung in seine Bestandteile auflöste, war die Vorentscheidung gefallen. "Der Schlüssel zum Erfolg war letztlich, dass wir keinen Fehler gemacht haben", so Hülkenberg. "Wir hatten nicht das kleinste Problem - es war der berühmte Null-Fehler-Job."

Nachteulen: Bei Dunkelheit blühten alle drei Fahrer im Porsche 919 auf und fuhren die schnellsten Zeiten, Foto: Porsche
Nachteulen: Bei Dunkelheit blühten alle drei Fahrer im Porsche 919 auf und fuhren die schnellsten Zeiten, Foto: Porsche

Durchbruch beim erst zweiten Date

Auch Nick Tandy konnte es nicht glauben, wie problemlos das Rennen gelaufen ist. "Kein einziger Kratzer, überhaupt nichts", sagte der 30-Jährige überrascht - auch noch nicht realisierend, was ihm da gelungen ist. "Wir haben niemanden auch nur berührt und absolut keine Fehler gemacht. Ich freue mich riesig, wir haben das größte Autorennen der Welt gewonnen." Erst zum zweiten Mal nach Spa-Francorchamps teilte er sich ein Auto mit Nico Hülkenberg und Earl Bamber in einem Rennen. "Ja, ich bin noch nie mit den Jungs ein solches Rennen zuvor gefahren, aber ich könnte mir keine besseren Partner vorstellen, um ein Auto zu teilen."

Selbst wenn er nie wieder ein Rennen fahren dürfte, wäre er trotzdem ein glücklicher Mann, fuhr der Meister des deutschen Porsche Carrera Cups von 2011 nach seinem größten Karriere-Erfolg fort. "Schöner wird es nicht mehr. Ich werde immer ein glücklicher Mann bleiben und mir alle Videos von diesem speziellen Rennen aufbewahren. So viele kriegen nie eine Chance, hier zu gewinnen, und ich gewinne gleich beim ersten Mal. Es ist unglaublich." Zwar hatte er schon zweimal die 24 Stunden von Le Mans bestritten, allerdings in GT-Porsches. In Spa hatte er noch einen solchen 911er gerammt und dafür Ärger kassiert, doch er war es, der in der Nacht den entscheidenden Vorsprung für Porsche herausfuhr.

Der so manchem Zuschauer sicherlich völlig unbekannte Earl Bamber hingegen fuhr wie Hülkenberg sein erstes Le-Mans-Rennen und konnte kaum reden: "Was soll ich sagen, das ist einfach unglaublich, das größte Rennen der Welt bei meiner Premiere zu gewinnen." Danach verschlug es ihm die Sprache. Seit dem Gewinn des asiatischen Porsche Carrera Cups legte der 24-Jährige einen kometenartigen Aufstieg hin, nahm 2014 den Porsche Supercup im Handumdrehen mit und wurde sofort ins LMP1-Programm befördert. Der Sieg in Le Mans ist auch für den Neuseeländer der unumstrittene Höhepunkt seiner Karriere.