Acht verschiedene Chassis, drei verschiedene Motoren, Reifen von Dunlop und Michelin: In Sachen Material ist auch 2015 die LMP2 die vielfältigste Kategorie in Le Mans. Gewiss, die Hybridtechnik der aberwitzig teuren LMP1-Werkswagen mag für viele Fans spannender sein, doch im Feld der 19 kleineren Prototypen finden sich sage und schreibe neun unterschiedliche Chassis-Motor-Kombinationen. Aber nicht nur technisch, sondern auch fahrerisch ist die LMP2 bunt gemischt: Routiniers wie die beiden früheren Peugeot-Piloten Nicolas Minassian und Nicolas Lapierre sind hier ebenso dabei wie Neulinge aus Nordamerika und vielen Ländern Europas.

Insgesamt werden am nächsten Wochenende 15 Fahrer aus der LMP2-Kategorie zum ersten Mal bei den 24 Stunden von Le Mans starten. Darunter finden sich auch bekannte Namen, so zum Beispiel Laurens Vanthoor. Das belgische Audi-Ass aus dem GT-Sport bildet mit Kévin Estre und Chris Cumming eine reine Rookie-Paarung für Oak Racing, die Klassensieger des Jahres 2013. Das Trio um den Ligier-Honda mit der Nummer 34 absolviert an der Sarthe zwar nur einen Gaststart, zählt aber dennoch zu den Siegkandidaten. Vanthoor und Erste (der eine Werksmann bei Audi, der andere bei McLaren) zählen mit US-Sportwagen-Spezialist Cumming zu den schnellsten Piloten im gesamten Feld.

Oak Racing gegen den Rest

Die Startnummer 34 ist übrigens das einzige LMP2-Auto, das heuer weder in der Langstrecken-WM noch in der europäischen Le-Mans-Serie regelmäßig unterwegs ist. Oak Racing, beheimatet in Le Mans, ist bei jedoch eine der erfahrensten Mannschaften am Circuit de la Sarthe, ja, unter den LMP2-Teams wohl die erfahrensten überhaupt. Ferner ist man nicht nur mit einem einzigen Wagen am Start: Mit der Nummer 35 schicken die Lokalmatadore einen zweiten eigenen Ligier ins Rennen (am Volant auch der Patron selbst, Jacques Nicolet), zudem betreut man jene beiden Fahrzeuge, welche unter dem Banner G-Drive Racing angemeldet sind. Außer bei der Nummer 34 setzt Oak respektive G-Drive auf Nissan-Triebwerke.

Trotz der Qualität und Quantität seitens Oak Racing ist nicht gesagt, dass die Franzosen unschlagbar sind. Die Russen von SMP Racing fahren mit zwei eigens entwickelten Prototypen große Geschütze auf; Extreme Speed Motorsports kommt mit mindestens einem siegfähig besetzten Ligier-Honda. Hoch einzuschätzen sind auch die ELMS-Equipen Murphy Prototypes, Jota Sport, Greaves Motorsport und Thiriet by TDS Racing. Während Murphy (Oreca 03R), Jota und Greaves (ehemals Zytek Z11SN, nunmehr Gibson 015S) mit altbewährten, gänzlich aussortierten Chassis daherkommen, versucht sich Thiriet mit dem neuen Oreca 05. Sowohl Greaves als auch Thiriet haben bereits je einen ELMS-Saisonsieg auf dem Konto.

Der Kampf um den LMP2-Klassensieg dürfte ergo wie in den vergangenen Jahren besonders hart ausgefochten werden. Nebst vielen interessanten und unterschiedlich starken Fahrern wartet die Kategorie auf mit großer Vielfältigkeit beim Material; anders als in der LMP1 sind sogar zwei Reifenlieferanten vertreten. Und wenn die LMP1 die Le Mans'sche Königsklasse ist, dann ist die LMP2 nicht weniger als die Prinzenklasse. In puncto Wettbewerb dürften die kleinen Prototypen ihren großen Brüdern jedenfalls kaum nachstehen.