Die LMP1-Werke nutzen ihr 50-Tage-Testpensum reichlich aus: Audi testete sowohl auf dem Paul Ricard HTTT als auch in Monza die Le-Mans-Konfiguration des R18 e-tron quattro. Alleine in Frankreich legten die Ingolstädter fast 6.500 Kilometer zurück, der Test in Monza ist derzeit noch im Gange. Zur optimalen Le-Mans-Vorbereitung wurde die erste Schikane ausgelassen, was zu einer spektakulären Fahrt mit weit mehr als 300 km/h durch die Curva Grande führte. Oliver Jarvis hat sich schon einmal die Zeit genommen, zu reflektieren, was Audi im Low-Downforce-Trimm erreicht hat.

"Wir haben zunächst einen Test in Le Castellet absolviert", sagte der 31-Jährige gegenüber Motorsport.com. "Allerdings ist es ehrlich gesagt schwierig, das Auto genau zu einzuschätzen, weil es eben für Paul Ricard nicht gebaut ist. Deshalb ging es dort mehr darum, Daten zu sammeln." So hätten die Ingenieure in erster Linie darauf geachtet, wie sich die Teile in der Realität im Vergleich zu den Simulationen verhielten. Die Performance-Evaluation erfolgt nun in Monza.

Dazu stand ein 30-Marathon auf dem Programm: "Wir haben viele Teile auf ihre Haltbarkeit getestet", so Jarvis, der dem Fahrzeug große Fortschritte gegenüber dem Le-Mans-Gewinner von 2014 attestierte. "Das Auto hat sich gut angefühlt und wir haben einen großen Schritt gegenüber letztem Jahr gemacht. Es gibt so viel, über das sich positiv reflektieren ließe." Das einzige Problem: Die Gegner werden ebenfalls nicht schlafen. "Wir sind uns darüber bewusst, dass unsere Mitbewerber ebenfalls riesige Schritte gemacht haben."

Derzeit rechnet niemand damit, mit einer Zeit über 3:20 Minuten im Qualifying irgendetwas in Le Mans reißen zu können. Ein neuer Streckenrekord wird erwartet. Die Konkurrenz kann Oliver Jarvis zwar nicht einschätzen, doch das eigene Paket habe alle Erwartungen erfüllt: "Mit dieser Konfiguration, die sich optisch stark von derjenigen aus Silverstone unterscheidet, sind wir äußerst zufrieden."

Saisonauftakt mit Höhen und Tiefen

Audi startete mit Testfahrten im Le-Mans-Trimm in Le Castellet, Foto: Audi
Audi startete mit Testfahrten im Le-Mans-Trimm in Le Castellet, Foto: Audi

Nicht zufrieden kann Jarvis hingegen mit dem Saisonauftakt sein, was das Ergebnis betrifft. Nach einer Kollision mit einem GT-Fahrzeug fiel der Audi mit der Startnummer 8 auf den fünften Platz zurück. "Es war schwierig in Silverstone, weil wir insgesamt vier Runden verloren haben, aber für mich persönlich war es sehr wichtig, mehr Erfahrung im Verkehr zu sammeln, und für uns alle, zu sehen, wo unser Auto im Vergleich zu Toyota und Porsche steht." Jarvis fährt 2015 seine erste volle WEC-Saison an der Seite von Lucas di Grassi und Loic Duval.

"Wenn wir uns den Rundenzeitendurchschnitt ansehen, waren wir so konkurrenzfähig wie die Startnummer 7", befand der Engländer. "Wir wären mitten im Kampf um den Sieg gewesen. Natürlich waren wir ein bisschen enttäuscht über den fünften Platz, aber es gibt viel Positives aus Silverstone mitzunehmen." In der WEC erwartet er ein "unglaubliches enges Jahr" und die Gewinner sowohl in der WM als auch Le Mans müssten sich ihren Erfolg hart verdienen.

Die nächste Gelegenheit gibt es dazu in Spa-Francorchamps. Audi wird dort drei Fahrzeuge zum Einsatz bringen, eine Audi-Sprecherin bestätigte gegenüber Autosport, dass mindestens ein R18 e-tron quattro in Le-Mans-Spezifikation an den Start gehen wird. In der Vergangenheit war dies stets das dritte Auto, heuer gesteuert von Filipe Albuquerque, Marco Bonanomi und Rene Rast.